In den vergangenen 24 Monaten hat der Fußballer Fabian Klos 58 Pflichtspiele absolviert. Von denen hat er nur 15 gewonnen. Diese Quote ist bezeichnend dafür, dass sein Klub Arminia Bielefeld zwei Mal nacheinander abgestiegen ist, von der Bundesliga in die zweite Liga und zuletzt gleich weiter in die dritte. Klos ist 35 Jahre alt, eigentlich hatte er Bielefeld bereits vor zwei Jahren verlassen sollen, aber nach beiden Abstiegen hat er schulterzuckend gesagt, dass er so ja nun nicht weggehen könne. Also spielt er immer weiter für die Arminia, mittlerweile im 13. Jahr. An die neue Saison in der dritten Liga hat er sehr konkrete Erwartungen: "Ich habe in den letzten zwei Jahren genug Spiele verloren, da habe ich keinen Bock mehr drauf."
Es ist gerade mal zwei Monate her, dass Klos im Wiesbadener Stadion weinend vor dem Gästeblock voller Arminia-Fans gestanden und sie mit theatralischen Gesten gebeten hat, doch bitte keine Raketen mehr auf die Bielefelder Spieler zu feuern. Die Arminia ist abgestiegen, für Klos und den 1905 gegründeten Verein hat sich dieser sportliche und emotionale Offenbarungseid angefühlt, als zerbreche da etwas für immer. Doch die Scherben wurden wieder zusammengesetzt. Mit einem neuen Kader und mit Fabian Klos geht man am Samstag ins erste Saisonspiel bei Dynamo Dresden (16.15 Uhr/ARD).
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Fans, die ihre Fußballer mit Raketen und Rauchbomben befeuern, hätten sich von ihrem Herzensverein auch abwenden und Schluss machen können. Es wäre das explosive Ende einer toxischen Beziehung gewesen. Doch die Arminia und ihre Fans waren schon immer ein Fall für die Paartherapie. Mehr als 9000 Dauerkarten hat der Klub vor dieser Drittliga-Saison verkauft. "Wahnsinn!", findet Klos, der die Eindrücke von Wiesbaden "komplett abgehakt" hat. "Es hilft ja nichts", sagt er. Er hatte einige Tage zu knabbern an der militaristisch anmutenden Konfrontation mit der sonst so wohlgesonnenen Stammkundschaft, aber Planet Fußball dreht sich einfach weiter. Klos sagt: "Unsere Aufgabe in der neuen Saison ist, die Fans zurückzugewinnen, denn wir haben sie ein Stück weit verloren."
Bielefelds neuer Sportdirektor Michael Mutzel (vom Hamburger SV) hat dem neuen Trainer Michél Kniat (vom SC Verl) 17 neue Spieler beschafft, die in kürzester Zeit zu einem Kollektiv zusammengeführt werden müssen: etwa der Torwart Jonas Kersken von Borussia Mönchengladbach, die Abwehrleute Semi Belkahia und Christopher Lannert von 1860 München, die Mittelfeldspieler Nassim Boujellab von Schalke 04 und Sam Schreck von Erzgebirge Aue oder die Angreifer Nicklas Shipnoski von Fortuna Düsseldorf und Manuel Wintzheimer vom 1. FC Nürnberg. Sämtliche Neuzugänge sind ablösefrei oder ausgeliehen.
Klos sagt: "Wir haben 17 neue Spieler, wir kennen uns erst seit fünf Wochen und wir werden den Teufel tun und mit einem großen Saisonziel ins erste Spiel gehen." Sein Ziel: "Möglichst viele Spiele gewinnen" - und neue Erfahrungen sammeln, denn er freue sich tatsächlich besonders auf die Partien in Saarbrücken und Mannheim, weil er in diesen Stadien noch nie gespielt habe. Klos war immer auch ein Fußballfan, was man nicht wusste: Er ist auch ein Groundhopper, der Stadionbesuche sammelt und in Gedanken katalogisiert.
Die dritte Liga, so gern er sich und seinem Klub diesen Gang auch erspart hätte, findet Klos irgendwie sogar attraktiv. "Die Liga hat sich entwickelt, sie kriegt immer mehr Bedeutung mit immer mehr Traditionsvereinen." Zweischneidig ist für den Bielefelder der Umstand, dass es am 19. August erstmals seit acht Jahren wieder zum berühmt-berüchtigten Westfalenderby gegen Preußen Münster kommt. Vor zwei Jahren waren die beiden Klubs noch drei Ligen voneinander entfernt, nach Bielefelds zweimaligem Abstieg und Münsters Rückkehr in die dritte Liga ist man nun wieder auf Augenhöhe. "Das sind sehr besondere Spiele", sagt Klos. "Dann wird's richtig kribbeln." Etwas Schöneres gibt es für einen Fußballprofi wohl kaum zu sagen. Und das in der dritten Liga!