Adam Peaty bei der Schwimm-EM:Vom Wasserhasser zum Weltrekordler

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Musste fünf Mal zur Anzeigentafel schauen, bis er es glaubte: Adam Peaty, der schnellste Mann der Welt über die 50 Meter Brust-Strecke. (Foto: AP)

Seinen internationalen Durchbruch hatte der britische Schwimmer Adam Peaty erst vor knapp einem Monat: Nun erschwamm er sich den Weltrekord über 50 Meter Brust. Der 19-Jährige gehört zur überragenden EM-Nation - dabei sind nicht mal alle Medaillenkandidaten angereist.

Von Saskia Aleythe, Berlin

Adam Peaty musste sich sammeln. Drei Worte hatten ihn konfus zurückgelassen, es waren drei kurze, aber ziemlich bedeutende Worte. 50 Meter Brust war der Brite gerade geschwommen bei der EM in Berlin, dann tauchte er auf und sie blinkten sie da, an der Großleinwand hinter ihm. "New World Record", die Uhr war bei 26,62 Sekunden stehen geblieben. "Das war absolut unglaublich", sagte Peaty später, "ich musste fünf Mal zur Anzeige gucken, um zu glauben, dass ich das geschafft habe".

Nun ist es nicht so, dass sich hinter diesem Peaty eine EM-Überraschung verbirgt, er ist ein hochgehandeltes Talent im britischen Team. Doch nicht jedes Talent schwimmt auch einen Weltrekord, genaugenommen sogar sehr wenige. "Ich kann gar nicht so richtig sagen, wie sich das anfühlt", sagte der 19-Jährige über seinen Erfolg, "ich hoffe nur, dass ich es schnell realisiere und am Samstag noch besser sein kann". Es war ja gerade mal das Halbfinale gewesen, dieses Rekordrennen von Berlin.

"Ich will nicht übermaßen zufrieden sein"

Und Peaty hatte sogar noch einiges Verbesserungspotential: Sein Anschlag missglückte ziemlich und kostete ihn eine noch bessere Zeit. Seine Selbstkritik war kein Kokettieren, sondern die seltene Fähigkeit, auch in Zeiten des Triumphes die Dinge klar zu sehen. Und sie ist auch seine Eigenheit, Zweifel als Motivation. "Ich will nicht übermaßen zufrieden sein. Ich denke, das ist gefährlich", sagt er. Vielleicht bricht man nur so einen Rekord, der 2009 mit Hightech-Anzug aufgestellt wurde. Die Zeit des Südafrikaners Cameron van der Burgh hatte seitdem niemand unterboten.

Nicht mal einen Monat ist es her, dass Peaty seinen internationalen Durchbruch erlebte: Mit zwei goldenen und einer Silber-Medaille beendete er die Commonwealth Games in Glasgow, inklusive britischem Rekord über 100 Meter Brust. Die Commonwealth Games stehen in der Gunst der Briten höher als eine Europameisterschaft. Nach Berlin sind manche aussichtsreiche Kandidaten gar nicht erst angereist, die 18-jährige Siobhan-Marie O'Connor etwa (sechs Medaillen, eine Weltjahresbestzeit). Dass die britische Mannschaft im Medaillenspiegel der EM im Berlin längst enteilt ist, wird die Konkurrenz unter diesem Aspekt noch ein bisschen mehr schmerzen.

Erst mit zehn Jahren überwand er seine Angst vor Wasser

Dass es mit Peaty und dem Schwimmen mal so kommen würde, war in seiner Kindheit noch nicht gleich abzusehen. Er hasste das Wasser, erzählte er mal, das Duschen, das Baden, das Schwimmen erst recht. Statt Bahnen zu ziehen, rettete er sich in die Arme seiner Mutter. Mit zehn Jahren änderte sich das. Er hatte seine Angst überwunden, kam über den Schulsport zum Vereinsschwimmen - und mit 14 Jahren durfte er vor Melanie Marshall vorschwimmen, einer der erfolgreichsten Commonwealth-Schwimmerin überhaupt. Sie trainiert ihn bis heute. Nach dem Erfolg in Glasgow gab sie ihm vier Tage frei, Peaty kehrte zwischendrin zum Training zurück - er wollte diese EM mitnehmen und noch ein bisschen Spaß haben.

Freude bereitet er den Briten auf jeden Fall, dann Peaty gehört zur neuen Generation an Talenten im Land. Den Umbruch, den das deutsche Team gerade mitmacht, haben sie schon vollzogen. Etliche junge Gesichter lassen den Verband nach dem Olympia-Debakel von 2012 wieder positiv in die Zukunft blicken. Rebecca Addlington, Ex-Schwimmerin und zweifache Olympisasiegerin der Briten, ist sich mit dem neuen Brust-Weltrekordler auf jeden Fall sicher: Peaty kann eine Medaille in Rio 2016 holen. Sie sagt: "Er hat perfekte körperliche und mentale Voraussetzungen und arbeitet hart. Wenn er sich nicht verletzt oder krank wird, wird er das schaffen."

Es sind Worte, die Peaty gut tun, Unterstützung von außen beflügelt ihn. Für den Endlauf am Samstagabend ist alles offen, zwei Goldmedaillen hat er schon geholt hier in Berlin, über 100 Meter Brust und 4 x 100 Meter Lagen mit der Mixed Staffel. Letztes ebenfalls mit Weltrekord in der noch jungen Disziplin. Peaty und die Briten sind ziemlich gut drauf zur Zeit.

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