Handball-Traditionsverein steigt ab:Bundesliga ohne Großwallstadt

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Zugepackt und doch verloren: Joakim Larsson (li.) und sein TV Großwalllstadt verloren gegen Kiel.  (Foto: imago sportfotodienst)

Das Wunder bleibt aus: Der TV Großwallstadt verliert sein letztes Saisonspiel knapp gegen Meister THW Kiel und muss erstmals nach 44 Jahren aus der Bundesliga absteigen. Für den Handball im Freistaat Bayern ist das ein Dilemma.

Von Carsten Eberts

Die letzten Sekunden verrannen, und es wurde erstmals still in der Frankenstolz-Arena. Das Klatschen wurde leiser, die Spieler stellten ihre Anfeuerungsrufe ein. Die Handballer des TV Großwallstadt hatten ja nicht weniger als ein Wunder benötigt: einen Sieg gegen den großen THW Kiel. Doch in den Schlussminuten der Partie wurde klar, dass dieser Coup ausbleiben würde.

Die Chance auf den Klassenerhalt war gering, aber sie bestand. Die erhoffte Schützenhilfe hatte Großwallstadt sogar erhalten, vom VfL Gummersbach, der gegen Absteiger Neuhausen 26:28 verlor und sich damit selbst in größte Nöte brachte. Nur einen Punkt hätte Großwallstadt gegen Kiel gebraucht.

Doch die Franken konnten die Vorlage nicht verwerten, verloren knapp 29:32 gegen den Favoriten. Zum ersten Mal in seiner langen, stolzen Geschichte muss der TV Großwallstadt absteigen. "Wir haben die ganze Zeit daran geglaubt und alles gegeben", klagte Kapitän Sverre Jakobsson mit fahlem Gesicht bei Sport1: "Wir hatten viele Probleme in dieser Saison. Am Ende geht es um einen Punkt. Das ist ein sehr trauriger Tag." Gummersbach hingegen ist gerettet.

Starke zweite Halbzeit gegen Kiel

Das Großwallstädter Spiel verlief viel knapper als erwartet. Schon Mitte der ersten Halbzeit kam Großwallstadt gegen den THW, der seit Wochen als abermaliger deutscher Meister feststeht, auf ein Tor heran (9:10). Nach dem 10:16 zur Pause startete das Team von Trainer Peter David eine umjubelte Aufholjagd, glich beim 23:23 aus. Nun drohte die ausverkaufte Arena zu bersten. Doch am Ende vergab Großwallstadt wichtige Bälle - wie so oft.

Natürlich ist Großwallstadt nicht wegen dieses letzten Auftritts abgestiegen. Der Klub hat sich seit Saisonbeginn sukzessive in eine prekäre Situation bugsiert.

Von Finanzproblemen geplagt konnte der TVG erstmals keine wettbewerbsfähige Mannschaft aufstellen. So wurden die Weggänge von Steffen Weinhold und Stefan Kneer nicht gleichwertig ersetzt. Das Geld war so knapp, dass im Frühjahr keine Gehälter gezahlt werden konnten. Hinzu kam fortwährendes Verletzungspech, was beim nicht gerade üppig besetzten Kader doppelt schwer wog.

Handball-Bundesliga ohne Bayern

Nach schlechtem Saisonstart hofften die Verantwortlichen wenigstens auf wichtige Punkte gegen direkte Konkurrenten. Als diese ausblieben, wurde in Sportdirektor Peter Meisinger, der mit dem Klub einst den Europapokal gewann, eine ehrwürdige Figur des Vereins verpflichtet. Doch die Wende blieb aus. Großwallstadt zeigte nicht viele Auftritte wie zum Abschluss gegen Kiel, die von Leidenschaft, zeitweise von wirklich passablem Handball geprägt waren. Alles in allem konnte der Klub in der stärksten Handball-Liga nicht mehr mithalten.

Auch für den Freistaat Bayern, zu dem Großwallstadt als nordwestlichster Zipfel zählt, ist die Entwicklung ein Dilemma. Früher kamen zahlreiche Erstligisten aus Bayern, neben Großwallstadt etwa der MTSV Schwabing oder der TSV Milbertshofen. Professioneller Handball wird in Schwabing und Milbertshofen schon lange nicht mehr gespielt. Nun ist auch Großwallstadt abgestiegen. Handball findet in Bayern in naher Zukunft nur noch in der zweiten Liga statt.

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