Würzburger Kickers:Die Laune-Mannschaft

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Endlich wieder jubeln: Die Würzburger (v. l.) Orhan Ademi, Patrick Göbel und Simon Skarlatidis. (Foto: Frank Scheuring/imago/foto2press)

Die Kickers schaffen gegen Carl Zeiss Jena die Wende. Bei dem 5:2 beantworten sie auch die entscheidende Frage: Wie konnte diese durchaus begabte Mannschaft, bei allem Engagement, so lange so schlecht spielen?

Von Sebastian Leisgang

Im Grunde genügte es, sich nach dem Spiel mit Dominic Baumann zu unterhalten. Das allein war ausreichend, um ein Gespür dafür zu bekommen, wie es nun um die Gemütslage der Würzburger Kickers bestellt ist. Die Unterfranken hatten soeben in der dritten Fußball-Liga 5:2 gegen Jena gewonnen, und Baumann wurde gefragt, ob nun eine Party anstehe. In diesem Augenblick spazierte zufällig Trainer Michael Schiele durch die Tür, also rief Baumann durch den Raum: "Trainer, ist morgen Training?" Und als Schiele entgegnete, er dürfe das selbst entscheiden, sagte der Angreifer: "Dann wahrscheinlich nicht."

In Würzburg sind sie wieder zu Scherzen aufgelegt. Die Heiterkeit ist zurück nach sieben Spielen ohne Sieg, die dem Erfolg gegen Jena vorausgegangen waren. Das 5:2 lenkte den Blick aber auch noch mal auf die zurückliegenden Wochen, in denen die Kickers nach ihrem zwischenzeitlichen Siegeszug gehörig aus dem Tritt geraten waren. Wer am Samstagnachmittag sah, welch mitreißenden Offensivfußball diese Mannschaft spielen kann, stellte sich die Frage: Wie konnte diese durchaus begabte Mannschaft, bei allem Engagement, so lange so schlecht spielen?

Seit Ende September hatten die Kickers nicht mehr gewonnen und sich in dieser Zeit wieder und wieder in der Defensive naiv, in der Offensive einfallslos präsentiert. So reihten sie drei Remis und vier Niederlagen aneinander und schlitterten in der Tabelle Richtung Abstiegsplätze. Schiele betonte am Samstag zwar: "Wir brauchen nicht alles kaputtreden, was in den letzten Wochen war." Doch auch er weiß natürlich, dass seine Mannschaft zu weitaus mehr imstande ist. "Heute haben wir gezeigt, dass wir es können", unterstrich Baumann nach dem Sieg gegen Jena, während sein Nebenmann Orhan Ademi sagte: "Wir haben lange gelitten, und ich hoffe, dass wir aus dem Dreck heraus sind."

Wer das Spiel gegen Jena verfolgt hatte, verstand nun, warum die Kickers so lange so schlecht spielten - und warum sie es eben doch können: Schieles Mannschaft ist eine Laune-Mannschaft. Und so gab sie gegen Jena ein schizophrenes Bild ab. Man sah eine verunsicherte und eine selbstbewusste Mannschaft. Man sah eine wankelmütige und eine sattelfeste Defensive. Man sah planlose Angriffe und feine Kombinationen in der Offensive. All das komprimiert in 90 Minuten, die Probleme und Lösungen dieser Elf in sich vereinten.

An guten Tagen und in guten Momenten, das zeigte das Spiel gegen Jena, können die Kickers einen Gegner in Grund und Boden spielen. An schlechten Tagen und in schlechten Momenten aber, und auch das zeigte das Spiel gegen Jena, sind sie grotesk mittellos. Wenn sich die guten Tage und Momente häufen, dann müssen sich die Mannschaften in der Spitzengruppe in Acht nehmen. Dann kann Würzburg statt Misserfolg an Misserfolg auch wieder Sieg an Sieg reihen.

© SZ vom 03.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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