SV Darmstadt 98:Schusters Zeichen

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Rückkehrer – und Retter? Dirk Schuster, einst Aufstiegstrainer, kämpft nun mit Darmstadt gegen den Abstieg. (Foto: Armin Weigel/dpa)

Darmstadt schlägt Regensburg 3:0 und kann am letzten Spieltag den Abstieg in die dritte Liga aus eigener Kraft verhindern.

Von Johannes Kirchmeier, Regensburg

Dirk Schuster tippelte mit hinter dem Rücken verschränkten Armen um seine Spieler herum, die sich aufwärmten. Als die Spieler weg waren, verschanzte er sich im Schatten der Coaching Zone - marschierte nach links, nach rechts, immer die Ersatzbank entlang. Erst mit verschränkten Armen, später hielt er mit der linken Hand sein Gesicht. Er wartete danach auch nicht darauf, dass ihn der Regensburger Trainer Achim Beierlorzer in dessen Heimatstadion begrüßte, sondern lief ihm entgegen. Man konnte den Druck erahnen, unter dem er am Sonntag stand. Und dann begann ja erst das Spiel.

Dirk Schuster, 50, ist Trainer des SV Darmstadt 98, und damit gefährdet in der zweiten Bundesliga. Der Bundesliga-Absteiger droht ja erneut abzusteigen. Ein Verein zittert. Und spätestens seit Donnerstag geht es dabei auch um Schusters Zukunft. Er, der einstige Aufstiegstrainer, der im Winter als Nachfolger von Torsten Frings zurückkehrte, hat sich Darmstadt verschrieben, den Vertrag auch im Abstiegsfall bis 2020 verlängert, vor allem aus einem Grund: "Ich fahre jeden Morgen mit einem Grinsen hier rein" - trotz der Situation, wollte er unterstreichen. Sein Zeichen kam zum richtigen Zeitpunkt. Beim Aufsteiger Regensburg gewann Darmstadt 3:0 (1:0) und verließ nach 17 Spielen erstmals wieder die Abstiegsränge. Das Team startete allerdings so verunsichert wie ihr Trainer in den Nachmittag: ohne solides Aufbauspiel, mit Fehlpässen. Der sonst so sichere Torhüter Daniel Heuer Fernandes wirkte fahrig und stand weit vor seinem Tor, was der Jahn mit Weitschüssen dreimal auszunutzen versuchte, letztlich aber nicht schaffte. Danach hatten die Zuschauer den Torschrei noch mal auf ihren Lippen, als Jahn-Torjäger Marco Grüttner alleine vor Heuer Fernandes nur noch ins Tor schießen musste. Doch der Torwart kickte den Ball im Zurückfallen noch vor der Linie weg. Und wendete nicht nur die Partie, sondern den verrückten Abstiegskampf in der gesamten Liga. Auch am letzten Spieltag ist selbst der Tabellenzwölfte Heidenheim noch nicht sicher. Darmstadt hatte die nächste Chance - und traf. Der Trinidader Joevin Jones lief nach 29 Minuten aus 20 Metern zum Freistoß an und zirkelte den Ball ins kurze Eck, bevor er mit seinen Kollegen jubelnd zur Trainerbank sprintete, zu Schuster, der zum ersten Mal lächelte. Der Druck schien zumindest ein bisschen abzufallen.

Es ist ja nicht leicht als 98-Trainer. Wenn sein Team anreist, dann reden die Gegner immer gerne davon, dass da "ein Weltmeister" mitkomme und "Bundesliga-Spieler ohne Ende". Auch Beierlorzer sagte solche Sätze. Und darin steckt das Problem der Saison. Denn der "Weltmeister" ist Kevin Großkreutz, der nicht eine Sekunde mitspielen durfte 2014 in Brasilien und auch in Regensburg lange auf der Bank saß. Und die "Bundesliga-Spieler ohne Ende" führt Abwehrchef Aytac Sulu an, der sein Erstliga-Debüt mit 29 Jahren gegeben hat. Nun ist er 32.

Beim Jahn wackelte Sulus Abwehr noch einmal gehörig: Erst scheiterten Grüttner und Stolze am Pfosten (47./48.), dann wehrte Heuer Fernandes im Fallen gegen Grüttner ab, der Ball sprang zum dritten Mal an den Pfosten (50.). Grüttner schimpfte, Schuster lächelte. Am Sonntag kehrte das Glück zurück. Später trafen auf der anderen Seite Dong Won Ji zum 2:0 und Tobias Kempe zum 3:0 (68./73.). Pünktlich, vor dem letzten Spiel gegen Konkurrent Aue, hat Schuster seine Darmstädter also wieder auf Kurs gebracht, sie haben nun zehnmal in Serie nicht verloren und bleiben bei einem Sieg sicher in der Liga. Den Trainer zeichnet aus, dass er versucht, seinen Teams den Willen einzuimpfen, nie aufzugeben. In Regensburg hat er bewiesen, dass er das in Darmstadt wieder geschafft hat.

© SZ vom 07.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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