2. Bundesliga:Proteste, sieben Tore, zwei Platzverweise

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Keine Handwerkermesse, sondern das Pausenprogramm im Zweitliga-Nordduell: Ein Ordner entfernt ein Fahrradschloss, das Fans aus Protest gegen die DLF an einem Tor befestigt haben. (Foto: Stuart Franklin/Getty Images)

Wegen Fan-Protesten gegen den Investoreneinstieg bei der DFL steht die Partie zwischen dem Hamburger SV und Hannover 96 vor dem Abbruch. Das wilde 3:4 gerät in den Hintergrund.

Die Fanproteste im deutschen Fußball haben im Nordduell zwischen dem Hamburger SV und Hannover 96 in der zweiten Fußball-Bundesliga eine neue Stufe erreicht. Die Partie stand in der zweiten Halbzeit kurz vor dem Abbruch. Als doch weitergespielt wurde, kassierte der HSV in einem wilden Spiel beim 3:4 (1:3) die dritte Heimniederlage nacheinander.

"Der Schiedsrichter hat gesagt, er geht jetzt raus, und wenn noch mal was passiert, bricht er ab", berichtete HSV-Klubchef Jonas Boldt bei Sky über die Vorfälle nach der Pause. Einige Hannoveraner Fans hatten ein Plakat mit Geschäftsführer Martin Kind im Fadenkreuz hochgehalten. Hannovers Sportdirektor Marcus Mann sagte: "Das ist ein Unding, darüber müssen wir nicht reden. Wir freuen uns über den Sieg, aber was zwischendrin passiert ist, ist natürlich unschön."

Erst hatte sich der Wiederanpfiff zur zweiten Halbzeit wegen angeketteter Fahrradschlösser an einem Tor und Gegenständen auf dem Platz verzögert, dann zeigten die Gästeanhänger mehrere Konterfeis in Fadenkreuzen - darunter Hannovers Geschäftsführer. Dazu hielten sie Spruchbänder gegen die Deutsche Fußball Liga (DFL) hoch mit Aufschriften wie "CVC & Blackstone Marionetten des Sportwashings Saudi-Arabiens", "Konsequentes Handeln bei personifizierten Gewaltandrohungen" und "Spielunterbrechung jetzt".

Der HSV kassiert zwei Platzverweise

Schiedsrichter Sören Storks schickte beide Mannschaften nach dem zweiten Vorfall in der 59. Minute in die Kabinen. Spieler der Gäste hatten zuvor auf die Fans eingeredet. Nach einer halbstündigen Pause ging es beim Stand von 3:2 für Hannover weiter. Auch im Anschluss blieb es auf den Rängen unruhig, zu einer weiteren Unterbrechung kam es aber nicht. "So wie es jetzt läuft, kann es nicht weitergehen", sagte Hannovers Sportdirektor Mann: "Wir müssen eine Lösung finden."

Wenn gespielt wurde, lieferten sich beide Mannschaften auf dem Platz einen wilden Schlagabtausch. Nicolo Tresoldi (11.), ein Eigentor von Guilherme Ramos (21.) und Louis Schaub (42.) belohnten die Gäste für einen mutigen Auftritt. Laszlo Benes (24.), Dennis Hadzikadunic (47.) und Robert Glatzel (86.) trafen für die Hamburger, die am Wochenende auf Rang vier zurückfallen können. Benes sah kurz nach dem Ausgleich nach einer Grätsche von hinten die rote Karte (87.).

In Unterzahl wurden die Gastgeber bestraft. Sebastian Ernst (90.+8) erzielte in der 16-minütigen Nachspielzeit das vierte und entscheidende Tor für Hannover. Das Team von Trainer Stefan Leitl liegt somit nur noch drei Punkte hinter dem HSV und darf von der Rückkehr in die Bundesliga träumen. Hamburg muss am nächsten Spieltag neben Benes auch auf Hadzikadunic verzichten, der in der 16. Minute der Nachspielzeit Gelb-Rot sah.

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