1. FC Nürnberg:Nummer fünf hält

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Nachdem sich vier Torhüter verletzten und der 18-Jähriger Benedikt Willert beim Aushelfen acht Gegentreffer in zwei Spielen kassierte, verpflichtet der Club vor dem Derby gegen Greuther Fürth den zuletzt vereinslosen Keeper Felix Dornebusch.

Von Sebastian Fischer

Es ist fast ein Jahr her, da sagte der Torhüter Felix Dornebusch: "Ich nehme die Situation an, sie ist nicht immer leicht. Ich habe aber immer meinen Mund gehalten, immer Gas gegeben." Er sagte das im Winter-Trainingslager in Marbella mit dem VfL Bochum dem Magazin RevierSport. Er hat danach weiterhin seinen Mund gehalten, was in der Fußballbranche ein Synonym dafür ist, als Ersatzspieler nicht öffentlich mehr Spielzeit einzufordern. Er hat aber vielleicht irgendwann nicht mehr so richtig überzeugend Gas gegeben, was ein Synonym für gute Trainingsleistungen wäre. Er wusste jedenfalls bald danach, dass seine Zeit in Bochum enden würde. "Dorne, für immer Bochumer Junge", schrieben die Fans des VfL auf ein Transparent, doch das war im Mai, zum Abschied, als schon feststand, dass Bochum mit einem anderen Ersatztorwart in die neue Saison gehen wird.

Am Montag hat Robert Palikuca, der Sportvorstand des Zweitligisten 1. FC Nürnberg, über Dornebusch gesagt: "Felix hat mehrere Einheiten bei uns mittrainiert, uns überzeugt und gezeigt, dass er die Qualität besitzt, uns weiter zu helfen." Er hat also richtig Gas gegeben. Und deshalb ist er nun, mit 25 Jahren, erstmals - zumindest für das nächste Spiel - der erste Torwart eines Profiklubs. Er sei dankbar, sagt er. Die Geschichte des Torhüters Dornebusch, der in sechs Jahren als Profi beim VfL Bochum neunmal in der zweiten Liga spielte, ist allerdings nicht nur eine über Fleiß, sondern auch eine über Pech und Glück. Der Bundesliga-Absteiger Nürnberg, der jüngst Trainer Jens Keller als Nachfolger des erfolglosen Damir Canadi verpflichtet hat, war mit drei Torhütern in die Saison gestartet. Man brauche Kontinuität auf dieser Position, sagte Sportvorstand Palikuca, weshalb er sich sehr freute, dass Erstliga-Stammkeeper Christian Mathenia seinen Vertrag trotz des Abstiegs verlängerte. Doch der spielte in dieser Saison nur bis zum neunten Spieltag.

Im Spiel gegen den FC St. Pauli verletzte sich Mathenia bei einer Parade in der Nachspielzeit, er brach sich die linke Kniescheibe. Damit begann für den Club das Pech erst. Andreas Lukse, sein Vertreter, spielte zweimal, bevor er zunächst mit Grippe erkrankte und sich dann im Training einen Muskelfaserriss zuzog. Der dritte Torwart Patric Klandt spielte einmal, bei der DFB-Pokal-Niederlage in Kaiserslautern, bis er nach 116 Minuten den Platz mit einem Riss der linken Achillessehne verließ. Für ihn ging im Elfmeterschießen Enrico Valentini ins Tor, der allerdings eigentlich ein Rechtsverteidiger ist.

Wenn alle Profi-Torhüter ausfallen, gibt es in einem Profiklub natürlich noch eine Reservemannschaft. Doch Jonas Wendlinger, der Stammtorwart der U21, fällt derzeit mit einer Schambeinentzündung aus. Deshalb stand in den vergangenen zwei Spielen Benedikt Willert, 18, im Nürnberger Tor, eigentlich Keeper der U19, der zuvor in der Regionalliga Bayern nur als Ergänzung einsprang. In zwei Zweitligaspielen kassierte er acht Gegentore. Und deshalb wurde der neue Trainer Keller gleich in seiner ersten Pressekonferenz gefragt, ob er seinem Sportvorstand noch vor dem Derby gegen Greuther Fürth an diesem Sonntag die Verpflichtung eines vertragslosen Torwarts zu empfehlen gedenke. Keller wich der Frage erst mal aus.

Zunächst trainierte zur Probe der Kroate Oliver Zelenika, der dabei zwar gesund blieb, aber die Verantwortlichen nicht überzeugte. In der vergangenen Woche trainierte dann Dornebusch mit. Der Club bot ihm einen Vertrag bis Saisonende an. Am Montag unterschrieb er.

Dornebusch, 1,93 Meter groß gewachsen, geboren in Witten im Ruhrgebiet, spielte in der Jugend zunächst beim FC Schalke 04, bevor er zur A-Jugend nach Bochum ging. Er galt dort immer als beliebter Mitspieler, aber nicht unbedingt als Anwärter für die Nummer eins. Im Sommer trainierte er zunächst beim Drittligisten Waldhof Mannheim, entschied sich aber dem Vernehmen nach, ein Angebot abzulehnen. Zuletzt hielt er sich bei der zweiten Mannschaft von Borussia Dortmund fit.

Die Fans, die ihn in Bochum so freundlich verabschiedeten, haben übrigens auch noch eine Rolle in dieser Geschichte. Sie mussten neulich von Manuel Riemann, dem Bochumer Stammtorhüter und damit jenem Mann, an dem Dornebusch nicht vorbeikam, ermahnt werden, mit fiesen Gesängen aufzuhören. "Ich fand es einfach nicht angebracht, den gegnerischen Torwart runterzumachen, weil er das nicht verdient hat", sagte Riemann. Die Bochumer hatten Benedikt Willert verhöhnt, Dornebuschs Vorgänger beim Club.

© SZ vom 19.11.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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