1. FC Köln:Gefahr für den inneren Frieden

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Der 1. FC Köln gerät auf der Suche nach dem Schlüsselspieler für das Mittelfeld unter Zeitdruck und entdeckt alte Ängste wieder. Die Nerven von Klub und Publikum sind allmählich strapaziert.

Philipp Selldorf

Der Herr im rosa Hemd und cremefarbenen Sommeranzug, der vor dem Kabinentrakt am Geißbockheim sein Handy bearbeitet, gehört offensichtlich nicht dem Betreuerstab des 1. FC Köln an. Seine Betreuerdienste gelten vielmehr dem schmächtigen, kleinen Offensivspieler, der eben mit Lukas Podolski und den anderen auf dem Trainingsplatz gestanden hat; Masoud Reza, so stellt sich der Mann im Anzug vor, möchte gern seinen Klienten Reza Khalatbari beim 1. FC Köln unterbringen. Khalatbari, 25, sei derzeit der "beste iranische Nationalspieler", eine Transfer-Einigung mit seinem Klub Zob Ahan Esfahan sei "machbar", sagt er, "sogar sehr machbar". Und nach einem Jahr in Köln sei er dann reif für die richtig großen Vereine in Europa.

Kölns Trainer Zvonomir Soldo sucht angestrengt nach einer Verstärkung für seine hintere Offensivabteilung. Dennoch hat der iranische Test-Spieler Khalatbari (25) bei ihm wohl keine Chance. (Foto: Foto: dpa)

Der 1. FC Köln sucht zwar angestrengt nach einer Verstärkung für seine hintere Offensivabteilung, dennoch sieht es nicht danach aus, als ob sich die Verantwortlichen für den schmalbrüstigen Dribbler Khalatbari entscheiden möchten. Trainer Zvonimir Soldo nahm nach dem Training am Mittwoch höflich von seinem Trainingsgast Abschied und deutete an, man werde miteinander telefonieren. Aber die Formulierung "wir telefonieren" hat schon oft ein Nimmerwiedersehen bedeutet. Da hilft auch die Empfehlung von Soldos früherem Klassenlehrer an der Trainerakademie nicht viel: Erich Rutemöller kennt Khalatbari durch seine Arbeit mit der iranischen Nationalelf.

"Es kann noch viel passieren"

Die Debatte um den neuen Mann im Mittelfeld wird wohl weiterhin die Nerven im Klub und beim Publikum strapazieren, und allmählich fängt sie an, den inneren Frieden zu stören. Soldo versicherte zwar am Mittwoch, es sei ja noch Zeit bis zur Schließung des Transferfensters, "es kann noch viel passieren", aber so viel Geduld bringen nicht mal mehr seine Spieler auf. Torwart Mondragon, führende Autoritätsperson des Teams, verlangt bei jeder Gelegenheit, noch "minimal zwei neue Mittelfeldspieler" anzuschaffen, nach dem 0:1 in Dortmund stimmte Podolski ein ("nachlegen wäre nicht schlecht"). Ihr Misstrauen in die vorhandenen Kapazitäten findet Verbreitung an der Basis und schürt mit Blick auf das schwere Startprogramm die alten Ängste. Und natürlich kommt auch die Frage auf: War der Preis für Podolskis Heimkehr womöglich doch zu hoch?

Dieser mutmaßlich letzte Saisoneinkauf ist ein Schlüsseltransfer, es geht um den Mann für das Versorgungszentrum, seit langem die neuralgische Stelle des Kölner Spiels. Die Suche nach der idealen Besetzung begleitet Manager Michael Meier nun durch den ganzen Sommer, allerlei Kuriositäten inbegriffen. Über die Tage, in denen er sich - letztlich vergeblich - um den 22-jährigen rumänischen Nationalspieler Tanase bemühte, könnte Meier lustige Dinge erzählen, die er selbst aber nicht komisch fand.

Zum Beispiel, dass der Präsident von Tanases Verein Arges Pitesti plötzlich wegen Schiedsrichterbestechung im Gefängnis saß und dessen 18-jähriger Sohn die Verhandlungen übernahm, bis schließlich Steaua Bukarest das Geschäft machte, dessen Präsident die Berater des Spielers zu seiner Familie zählt. Seit seinen Abenteuern im Wilden Osten hält sich Meier zurück mit aktuellen Mitteilungen. Den Ungeduldigen entgegnet er bloß: "Wir arbeiten ja dran." Khalatbari ist inzwischen nach Hause geflogen.

© SZ vom 13.08.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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