1. FC Nürnberg:Experte für 19 Punkte mehr

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Entschlossen grimmig: Robert Palikuca will ein Team um sich herum aufstellen, „das so tickt wie ich“. (Foto: Daniel Karmann/dpa)

Robert Palikuca nimmt seine Arbeit als Sportvorstand beim Club auf. Er will noch einen Kaderplaner und einen Chefscout verpflichten und ein Team um sich herum aufstellen, "das so tickt wie ich".

Von Sebastian Fischer

Eigentlich hätte Robert Palikuca sicher gerne das Spiel von Fortuna Düsseldorf gegen den FC Bayern angeschaut, schließlich war er im Stadion. Und es spielte ja immerhin eine Mannschaft gegen den Rekordmeister, an deren Zusammenstellung er als Kaderplaner gearbeitet hat, und die am Sonntag unabhängig von der 1:4-Niederlage ihr Saisonziel erreichte: den Klassenverbleib. Doch als er sich auf die Tribüne setzte, da habe es schon 0:3 gestanden, erzählte Palikuca am Montag. Die erste Hälfte hatte er mit seinem neuen Job verbracht. Er habe sich "mit jemandem unterhalten, der relevant sein könnte für den 1. FC Nürnberg."

Seit Montag arbeitet Palikuca, 40, nun auch offiziell als Sportvorstand für den Club, der nach der Freistellung von Andreas Bornemann mehr als sieben Wochen lang den Nachfolger gesucht hatte. Es habe "doch ein wenig gedauert", gab Aufsichtsratschef Thomas Grethlein zu. Und vielleicht war es auch aus Zeitdruck großer Eifer, den der Neue bei seiner Vorstellung demonstrieren wollte. "Ich würde mich gerne sehr kurz halten, damit ich anfangen kann zu arbeiten", sagte Palikuca. Vorher erklärte er aber schon noch, was er in Zukunft in Nürnberg vorhat. Und wer er eigentlich ist.

Es war ja nicht nur wegen der langen Suche eine ungewöhnliche Entscheidung, die der Club neun Tage zuvor bekanntgegeben hatte. Ungewöhnlich, weil Palikucas Vorgänger Bornemann überhaupt nur entlassen worden war, weil er sich weigerte, die Trennung von Trainer Michael Köllner mitzutragen. Ungewöhnlich auch, weil in Manager Michael Krösche vom SC Paderborn ein Kandidat zuvor bereits abgesagt hatte. Und ungewöhnlich schließlich, weil Palikuca in der Vergangenheit öffentlich kaum in Erscheinung getreten war.

Zwar arbeitete er seit drei Jahren als Manager im Lizenzbereich der Fortuna, doch war er dort Teil eines Trios, das eher im Hintergrund wirkte. Vor neun Jahren, erzählte er am Montag, hatte ihn die Vereinsführung des damaligen Zweitliga-Aufsteigers gefragt, ob er nicht für den Klub arbeiten wolle. Palikuca, der es als Profi bis in die dritte Liga schaffe und inzwischen für Düsseldorfs zweite Mannschaft kickte, habe "überall mitgewirkt", zum Beispiel "Sponsoren rangeholt". Und irgendwann profilierte er sich als Manager.

Palikuca sei vor allem für Transferverhandlungen zuständig gewesen, hatte Düsseldorfs soeben abberufener Vorstandsvorsitzender Robert Schäfer berichtet. Schäfer nannte ihn "einen wertvollen Mitarbeiter, der "großen Anteil an der exzellenten Zusammenstellung des Kaders" gehabt habe. Eines Kaders, der vor der Saison mit ähnlich wenig Geld aufgestellt worden war wie beim Club, aber mehr Erfolg hat. Der Unterschied zwischen Düsseldorf und Nürnberg, den beiden Aufsteigern aus der zweiten Liga? "19 Punkte", sagte Palikuca.

Nürnberg kämpft in den letzten Wochen der Saison mit drei Punkten Rückstand auf den Relegationsplatz bekanntlich noch um die Hoffnung auf den Klassenverbleib. Doch der neue Sportchef wollte den Saisonverlauf am Montag nicht analysieren: "Es wäre nicht fair, wenn ich das jetzt kritisiere."

Er sagte sogar: "Aus der Ferne betrachtet fand ich die Transfers interessant." Seinem Vorgänger Bornemann war von seinen Kritikern spätestens im Winter Untätigkeit vorgeworfen worden, weil er trotz augenscheinlicher sportlicher Probleme unter Verweis auf die wirtschaftlich schwierige Lage des Klubs kaum Spieler nachverpflichtete. Palikuca, so viel deutete er an, wird einige Zugänge verpflichten, nicht nur für die Mannschaft. "Ich bin ein großer Freund von einer breiten Aufstellung", sagte er. Mindestens werde er noch einen Kaderplaner und einen Chefscout brauchen und versuchen, ein Team um sich herum aufzustellen, "das so tickt wie ich".

Also: "Leute, die sich mit der Aufgabe identifizieren, die meinungsstark sind, die Workaholics sind". Er habe auch bereits sogenannte Schattenteams, also mögliche Spieler für die kommende Saison im Kopf. Es sollen Spieler sein, "die das Zeug haben sofort wieder aufzusteigen" - oder die Klasse zu halten, je nach Verlauf der kommenden Wochen. Er habe bereits viele Gespräche geführt, der Markt sei ja ein ganz ähnlicher wie für Düsseldorf, wo er auch Spieler in der Nische finden musste: "Man muss das, was man hat, vernünftig einsetzen."

Auch mit Boris Schommers hat er schon telefoniert, dem Interimstrainer, der mit immerhin sechs Punkten aus acht Partien und spielerisch überzeugenden Vorstellungen wie dem jüngsten 1:1 gegen Schalke 04 die Hoffnung auf den Klassenverbleib aufrechterhält - und so für seinen Verbleib trotz auslaufendem Vertrag wirbt. Palikuca lobte die Entwicklung der Vorwochen, wollte sich aber noch nicht festlegen. "Wir werden in den nächsten Wochen eine Entscheidung treffen, wie wir uns sportlich aufstellen wollen", sagte er.

Er posierte dann noch für ein paar Fotos vor dem Wappen seines neuen Arbeitgebers, bevor er anfing zu arbeiten. Und obwohl er ausgesprochen gut gelaunt wirkte, schaute er entschlossen grimmig in die Kamera.

© SZ vom 16.04.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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