Sprachlabor (217):Bloß keine Witze

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Der Friedwald Odenwald bei Michelstadt (Hessen) ist ein naturbelassenes Waldstück, das als Friedhof ohne Grabmale dient. Friedwälder sind eigens ausgewiesene Waldstücke, in denen Beisetzungen erlaubt sind. Die Asche des Verstorbenen wird direkt an den Wurzeln eines Baums bestattet. (Foto: AP)

SZ-Redakteur Hermann Unterstöger hält sich an die Regeln.

MIT DEM STERBEN macht man keine Witze, aber heute muss es sein. Wohlan denn: "Hast du gehört, unser Direktor ist verstorben." - "Ja, und ich frage mich, wer da mit ihm gestorben ist." - "Wieso mit ihm?" - "Na, in der Anzeige stand doch: Mit ihm starb einer unserer fähigsten Mitarbeiter." Bei Formulierungen wie dieser bekommen wir immer recht heitere Briefe. Unlängst hatte es bei uns geheißen: "Mit Bernard Loiseau starb ein französisches Nationalheiligtum. Zu seiner Beerdigung kamen 3000 Trauergäste." Leser R. wollte daraufhin unverzüglich wissen, ob die Trauernden zu Loiseaus Bestattung gekommen seien oder zu der des Heiligtums, und wenn Letzteres, welches Heiligtum das denn gewesen sei. Zugegebenermaßen klingt dieses mit etwas kurios, aber wäre es besser, "In Bernard Loiseau starb . . ." zu schreiben? Grimms Wörterbuch führt es als Präposition, welche "die zur einheit gewordene verbundenheit andeutet", und erinnert an "pfalzgraf Ludwig, mit dem deutsches landes fried und ruhe begraben ward". Mögen sie alle in Frieden ruhen.

DAS SCHIFF, mit dem die Argonauten seinerzeit auf Abenteuer ausfuhren, trug den Namen Argo und wurde schon von Homer als die "Allbesungene" gerühmt, pasi mélousa , woraus nicht nur seine Klasse erhellt, sondern auch sein grammatikalisches Genus: das weibliche. Viel besungen, weil mit Tim Mälzer und Ilse Aigner an Bord, wurde kürzlich auch die Seeadler , die durch unser Blatt allerdings als der Seeadler rauschte. Leser W. erinnerte - Ehrensache für einen Bremer! - aus diesem Anlass an die Regel, wonach Schiffsnamen weiblich sind: die Bayern oder, wenn es sie denn gäbe, die Peer Steinbrück . Wie alle Regeln hat auch diese ihre Abtönungen. Nach Randnummer 247 der großen Duden-Grammatik kann das Genus des Namensgebers erhalten bleiben, falls dieser "gewöhnlich den Artikel bei sich hat". Beim Seeadler ist das so, weswegen das Schiff auch der Seeadler hätte genannt werden dürfen. Die Seeadler ist aber immer und jedenfalls richtig.

UM BEIM FEMININUM zu bleiben, so will unser Leser Dr. G. wissen, ob hierorts Hinweise darauf vorlägen, dass das weibliche Possessivpronomen existenziell gefährdet sei. Herr G. begründet seine Sorge mit Sätzen wie diesem: "Von seiner kurzen NS-Vergangenheit erholte sich die Fraktur gleichwohl nie ganz." Es dürfte sich um eine der Schludereien handeln, die uns zeigen, um wie viel besser Texte werden, wenn man ein zweites und drittes Mal drübergeht. Ja, ja, Qualität hat auch hier seinen Preis.

© SZ vom 21./22.09.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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