Sprachlabor (85):Auf grammatikgerechte Superlative verzichten

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SZ-Redakteur Hermann Unterstöger äußert sich zu Maschinen, Trennungen und Moderatoren.

UNSER RAT, bei der Steigerung zusammengesetzter Adjektive - engmaschiger versus engermaschig - die größtmögliche Weitherzigkeit walten zu lassen, hat den Kollegen K., einen in Sprachdingen ebenso sensiblen wie kundigen Mann, auf den Plan gerufen. Seiner Ansicht nach haben Goethe und Schopenhauer recht, wenn sie reingewölbtest und kleinkauendst schreiben, also auf grammatikgerechte Superlative wie reinstgewölbt und kleinstkauend verzichten. "Sie erfinden", sagt K., "neue Adjektive und steigern sie so, wie die deutsche Sprache Adjektive steigert", nämlich am Ende des Wortes; begründungsbedürftig seien Ausnahmen wie nächstliegend statt naheliegendst . Dies zur allgemeinen Kenntnis, "mit dem gefühltesten Dancke" (Goethe) an Herrn K.

Zwei Schülerinnen schauen in einem Duden etwas nach. (Foto: ag.dpa)

WAS FÜR MASCHINEN das seien, die bei der Notlandung von Flugzeugen zu Boden gehen, will Leser B. wissen: das ganze Flugzeug oder nur das Triebwerk? Die Frage bietet eine willkommene Gelegenheit, sich an Bronners und Qualtingers legendäres Lied vom "Halbwilden" zu erinnern, das den "Marlon Brando mit seiner Maschin" als Idol einer desolaten, ziellosen Generation vorstellte. Damit war natürlich nicht der Viertakt-Ottomotor gemeint, sondern das ganze Kraftrad. Ebenso verhält es sich mit den Flugzeugen, weswegen man auch sagt: Meine Maschine hat Verspätung. Dass die Triebwerke dann nicht eher kommen, versteht sich von selbst.

DER DICHTER KROETZ hat es mit der Presse nicht leicht. "Das meiste, was über mich geschrieben wird, können Sie auf den Müll schmeißen", sagte er unserem Reporter. Für die aus diesem Gespräch geborene Seite-3-Geschichte gilt das zwar nicht, wohl aber für die Trennung des Namens Kroetz in Kro-etz , die nicht nur unserem Leser E. sauer aufgestoßen sein dürfte. Andererseits hat Franz Xaver Kroetz noch Glück gehabt, dass sein Name, der in dem Text ungefähr fünfzigmal vorkam, nicht öfter zur Trennung anstand.

EIN KINDERSCHÄNDER soll, vermutlich tatbegleitend, "in diversen Internetforen moderiert" haben. So las sich das bei uns, die dpa hatte geschrieben, er sei "Moderator gewesen". Was immer er da getan haben mochte: Unserer Leserin K. will es scheinen, als hätte er dort eher marodiert.

© SZ vom 13./14.11.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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