Sprachlabor (78):Mangelnde Arabisch-Kenntnisse

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SZ-Redakteur Hermann Unterstöger holt Verdrängtes hervor.

"KRANKHAFTE ANGLOPHILIE"attestiert uns unser Leser Dr. A., und er stützt sich dabei auf die in der SZ übliche Schreibweise "al-Qaida", bei der er das im Deutschen unübliche "Q" gern durch das altbewährte "K" ersetzt sähe. Da wir so eine Diagnose und den sie ergänzenden Vorwurf der "Anglizismusverblödung" nur ungern auf uns sitzen lassen, ziehen wir zur Entlastung zunächst den Duden heran, der al-Qaida ebenso gelten lässt wie Al Kaida und El Kaida . Herr A. wird nun einwenden, dass der Duden kein Gesetzesblatt sei, sondern nur ein Registrator dessen, was gegenwärtiger Sprachgebrauch ist. Da hätte er recht, und darum fügen wir hier noch einiges an, was wir uns im Internet zusammengelesen haben und mangels eigener Arabisch-Kenntnisse so referieren, wie wir's uns zusammengelesen haben. Für eine korrekte Wiedergabe des arabischen Wortes hat das deutsche Alphabet demnach nicht die geeigneten Werkzeuge, besonders verfügt es über kein Pendant zum Anfangskonsonanten Qaf , der bekanntlich auf das alte phönizische Qoph zurückgeht und wie ein "Zäpfchen-k" auszusprechen ist. Daher unsere zugegebenermaßen leicht exotische Hausschreibung, die wir im Licht des Arguments, dass wir dann ja auch "Iraq" schreiben müssten, gern noch einmal überdenken.

Eine Frau liest in der Ausgabe (25.08.2000) des Wörterbuchs. Um insgesamt 5 000 Wörter wurde der Duden damals ergänzt, darunter auch sprachliche Neuschöpfungen und Anglizismen. (Foto: dpa)

DAS GEHEN AUF STELZENmacht zwar einiges her, ist aber, was die Trittsicherheit anlangt, dem normalen Gang deutlich unterlegen. Das gilt auch im Sprachlichen, wie man an der Verdrängung des guten alten, gewissermaßen fußläufigen Wortes fördern durch das preziös gestelzte befördern sieht. Wo immer heutzutage die Staatsverdrossenheit, der Aufschwung, die Streitkultur und was nicht noch alles gefördert wird, liest man, sie würden befördert - dabei bleiben sie, anders als bei Transporten sonst üblich, an Ort und Stelle. Ähnlich verhält es sich mit dem Wortpaar brauchen/gebrauchen . Kürzlich war bei uns zu lesen, dass General Petraeus "eine Abzugsdebatte nicht gebrauchen" könne, was in unserer Leserin F. die Schreckensvision zeitigte, unter Liebesleuten könnte es demnächst heißen: "Ich liebe, ich gebrauche dich!" So werden durch unbedachtes Stelzengehen Ängste geschürt, um nicht zu sagen: befördert.

© SZ vom 11./12.09.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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