ALS UNSER INTERVIEWER dem Rapper Nas vorhielt, dass viele afrikanische Musiker den Materialismus ihrer westlichen Vorbilder zu emulieren versuchten, antwortete dieser: "Wo ist das Problem?" Unser Leser G. hat genau darauf eine Antwort, denn seinem Gefühl nach ist das Wort "emulieren" das Problem. Es leitet sich vom lateinischen aemulari her und bedeutet nachahmen oder nachmachen. Nun sagt zwar Adorno, dass Fremdwörter wie exotische Mädchen locken, aber man muss ja auch mal standhaft bleiben, so wie der Gesetzgeber standhaft blieb, als er § 146 StGB formulierte. Darin geht es um das Emulieren von Geld, doch im Text heißt es, dass bestraft wird, wer Geld "nachmacht".
IMMER WIEDER stolpern wir Schreiber und kurz danach die Leser über eine Inkongruenz, die Leser T. anhand dieses Beispiels zur Sprache bringt: "Eine Million Bürger erhalten Hilfe." Da die Million ein Singularwort ist, müsse es "erhält Hilfe" heißen, schreibt er, doch wie so oft liegt die Antwort in der Mitte. In Grammatiken wird die Schwierigkeit erörtert, die sich daraus ergibt, dass ein Subjekt formal im Singular steht, dass inhaltlich damit aber die Vorstellung einer Vielheit verbunden ist; als Beispiele werden Mengenangaben wie Handvoll, Masse, Reigen oder Trupp genannt. In solchen Fällen lassen die Fachleute eine formal falsche "Konstruktion nach dem Sinn" gelten und rufen dafür keinen Kleineren als Thomas Mann in den Zeugenstand: "Eine Reihe von edlen und nüchternen Geistern haben den Rauchtabak verabscheut" (Lodovico Settembrini im "Zauberberg").
IN EINER GLOSSE über das Modewort "Stress" griff ein Kollege vom Feuilleton auf die "guten alten präanglizistischen Zeiten" zurück, in denen man noch nicht gestresst war, sondern lediglich "abgespannt". Von diesem Wort hinwiederum behauptete er, es sei "als Kind" ein Rätsel gewesen. Als Erwachsener hat sich das wohl gegeben.