Sprachlabor (65):Ein alter Hut

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SZ-Redakteur Hermann Unterstöger betrachtet das Wörtchen "ob" und eine sprachliche Unachtsamkeit.

SCHON ÄLTESTE Wörterbücher führen die Partikel "ob" (die Präposition wohlgemerkt, nicht die Konjunktion) als vergleichsweise alten Hut und belegen dies mit ebenfalls gut abgehangenen Fundstellen, vornehmlich solchen aus der Bibel: " . . . vnd fielen ein zu Simon ob dem Mahl / vnd schlugen jn sampt den zween Sönen vnd Knechten tod." Trotzdem, um nicht zu sagen: dessen ohnerachtet, hat diese Präposition bei einigen Kollegen echt einen Stein im Brett, weswegen man kürzlich über die Politiker in Ankara lesen konnte, sie seien "aufgeschreckt ob dessen, was sie angerichtet haben". Die Mörder Simons und seiner Leute wurden übrigens selber kurz danach umgebracht, und zwar - richtig geraten - ob dessen, was sie angerichtet hatten.

Ein Messebauer montiert  ein überdimensionales Lexikon vor der Leipziger Messe. (Foto: ag.ddp)

WAS HAT DAS VOGERL, das geflogen kommt, im Schnabel? Richtig: ein Zetterl, und auf diesem Zetterl ist von der Mutter ein Gruß. So viel dazu, wie man einen Gruß, im Prinzip also auch ein Grußwort, anbringen kann. Wie aber nun, wenn es der eben entschwundene Bundespräsident war, der das Grußwort abzugeben hatte. Weder war er ein Vogerl, noch gar hatte er ein Zetterl im Schnabel, weswegen er das Grußwort "hielt". So stand es bei uns im Blatt, zur Verwunderung unseres Lesers W., nach dessen Meinung man zwar eine Rede halten kann, nie aber ein Grußwort. Da hat er recht, und selbst der Einwand, dass Grußworte oft länger dauern als Reden, kommt dagegen nicht an.

WOLLTE MAN ALLES, was Leserin H. an sprachlichen Unachtsamkeiten zusammengetragen hat, hier erörtern, würde das den Rahmen dieser Betrachtungen gewaltig erweitern, ja wahrscheinlich sprengen. Darum für heute nur ein Monitum von vielen. Frau H. hat sich über "psychisch und seelisch kranke Heimbewohner" gewundert und daran die Hoffnung geknüpft, dass der Autor dieser Diagnose "wenigstens körperlich und physisch gesund" sein möge. Das ist, wie wir verraten dürfen, der Fall.

© SZ vom 5./6.07.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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