Sprachlabor (55):Ruhe soft statt Ruhe sanft - hoffentlich nicht!

Lesezeit: 1 min

SZ-Redakteur Hermann Unterstöger über die Wandlung von "dereinst".

ES WIRD SICHER noch eine ganze Weile dauern, bis auf Grabsteinen "Ruhe soft!" statt "Ruhe sanft!" steht, und das nicht nur, weil der Friedhof ein Ort des Beharrens ist: Selbst wenn das englische soft sich anschickt, im Deutschen als Adjektiv und Adverb heimisch zu werden, bedeutet es etwas anderes als sanft. Als das Streiflicht kürzlich Prinz Charles' "soften Einfluss" herausstrich, nahm Leser M. das mit Erstaunen zur Kenntnis, wobei er möglicherweise übersah, dass hier nicht gedankenlos anglisiert, sondern in ironischer Absicht an die ein paar Zeilen davor erwähnte soft power angeknüpft wurde. Unabhängig davon scheint soft den Eindeutschungsprozess durchzumachen, den beispielsweise to style (deutsch bzw. neudeutsch, wie die Kritiker gern sagen: stylen) zum Teil schon hinter sich hat. Interessant ist in diesem Zusammenhang das Adjektiv tough (deutsch: rau, robust, ruppig), das man in Wendungen wie tougher Bursche antrifft. Der Rechtschreib-Duden führt das eingedeutschte taff, das auch im großen Duden vorkommt, dort freilich unter Verweis auf jiddisch toff und hebräisch tôv (deutsch: gut).

Rechtschreibung - durch eine Lupe gesehen. (Foto: ap)

EINE TV-KRITIK erinnerte an die schaurigen Geschichten, die "dereinst" von den Brüdern Grimm niedergeschrieben worden seien, was Leser B. mit dem Wink quittierte, dereinst bedeute nicht früher einmal, sondern künftig. Das ist richtig, war aber nicht immer so. Wie man bei den besagten Grimms an anderer Stelle nachlesen kann, verwies das Wort dereinst einst respektive dereinst auch in die Vergangenheit. Aus den benachbarten Einträgen dereinsten, dereinstens, dereinstig und dereinstmal lässt sich jedoch deutlich ablesen, dass die Neigung zur Zukunft überwiegt.

SO ERFREULICH es ist, dass nun Fritz Langs Film "Metropolis" in seiner Urgestalt wiederhergestellt wurde, so irritierend war die Formel "Metropolis resurrectus", die unser Feuilleton dafür erfand. Das hörte sich fast so an, als würde in einer lateinischen Ostermesse der Auferstandene nicht Resurrexi sagen, sondern Resurrectus sum, also nicht aktivisch Ich bin auferstanden, sondern passivisch Ich bin auferstanden worden, man hat mich auferstanden. Ein professioneller Lateiner ließ die Konstruktion "Metropolis resurrectus" allenfalls als Kirchenlatein durchgehen und nannte es auch insofern einen "Schmarrn", als Metropolis weiblich sei und im beigefügten Adjektiv eine entsprechende Endung erfordere. Sein Vorschlag: Metropolis rediviva.

© SZ vom 20./21.03.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: