Sprachlabor (54):Ligatur erlaubt

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SZ-Redakteur Hermann Unterstöger zu Babyarbeit, Furor und einem wohnungssuchenden Afrikaner.

DER FLIEGENDE HOLLÄNDER hat es nicht leicht. Ewig auf hoher See, und nur alle paar Jahre ein Landgang! Dafür kennt er sich mit der niederländischen Sprache aus und weiß, was auch unser Leser Dr. L. weiß und anlässlich eines Bildtextes mitteilt: dass mit de zee das offene Meer gemeint ist, mit het meer hingegen der Binnensee. Insofern ist es verfänglich, das IJsselmeer im Deutschen mit Ijsselmeer wiederzugeben, was nichtsdestoweniger jedermann tut, die Kartographen eingeschlossen. Beim Herumstöbern zweierlei entdeckt: erstens, dass die zwei Versalien in IJsselmeer korrekt sind, da es sich um eine Ligatur handelt, und zweitens, dass es im Niederländischen noch mehr "falsche Freunde" gibt, etwa das Adjektiv schattig, das auf Deutsch nicht schattig bedeutet, sondern niedlich - für schattig sagt der Niederländer schaduwrijk.

Die undatierte Aufnahme zeigt den Fremdsprachenunterricht im Sprachlabor einer Schule in Frankfurt am Main. (Foto: ag.dpa)

PATENTAMT IM ZWIELICHT! Im Bericht über eine Babystube hieß es, deren Leiterin betreue 20 bis 25 Babys monatlich. "Außerdem verhandelt sie derzeit mit dem Münchner Patentamt und einer Kanzlei, die die Bettchen wochenweise für ihre Mitarbeiter mieten können." Leserin H. fragt sich nun, ob im Patentamt und in besagter Kanzlei Babys arbeiten, und zwar so hart, dass man Bettchen für sie anmieten muss.

"DER FUROR KOCHS" sollte nach Ansicht eines unserer Kommentatoren bei Hartz IV einem praktikablen Gesetz gelten. Leser B. hingegen ist der Ansicht, dass dieser Furor eher einem unzweckmäßigen Gesetz gelten sollte, weil furor mit Wut statt mit Eifer zu übersetzen sei. Kein Einwand. Andererseits will Cicero ("De oratore" 2, 194) gehört haben, dass Dichter ohne einen Anhauch von gleichsam begeisterter Raserei, sine quodam adflatu quasi furoris, nicht gut sein können, und wenn man sich da wieder Roland Koch vorstellt . . .

WER BESTIMMT, welche Begriffe diskriminierend sind? Leser O. fragt dies anlässlich eines Prozesses, in dem ein Vermieter verurteilt wurde, weil er einen wohnungssuchenden Afrikaner "Neger" genannt hatte. Unseres Wissens bestimmt das keine Institution, ein Bundeswortwart oder so wer, sondern die Sprachgemeinschaft in eigener Autonomie, wobei es die Justiz ist, die mit Urteilen wie dem genannten auf diesem ebenso weiten wie unübersichtlichen Feld immer wieder Orientierungspflöcke einschlägt.

© 27./28.2.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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