Sprachlabor (251):Das bringt mich ins Grab

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Mehrere Sargträger stehen auf dem Hauptfriedhof in Ravensburg (Baden-Württemberg) neben einem Holzkreuz. (Foto: dpa)

SZ-Redakteur Hermann Unterstöger gibt eine Warnung weiter und erklärt das Oberwasser.

"MICH FASST Verzweiflung, foltert Spott", singt Max im "Freischütz", und so ähnlich klang auch der Anruf der Kollegin H., die ans Labor durchgab, dass "dieser Hintergrund" sie noch ins Grab bringe. Hintergrund bzw. Grund ihrer Klage war die schleichende Verdrängung des Grunds durch dessen pompösen Verwandten, den Hintergrund . Um ein Beispiel zu konstruieren: "Tom Dooley wurde zum Tod verurteilt. Hintergrund war der Mord an Laura Foster." In Wirklichkeit war dieser Mord der Grund, selbst wenn man mit einem gewissen Recht sagen kann, dass er und die mit ihm verbundenen mysteriösen Umstände auch der Hintergrund des Urteils waren. Der als Synonym für den Grund auftretende Hintergrund nährt die Vermutung, es werde dem Leser nicht nur der Anlass genannt, sondern das ganze Panorama dahinter gleich mitgeliefert - für uns Journalisten Hintergrund genug, ihn in dubiosen Ehren zu halten.

DIE ODENWALDSCHULE gibt es nicht erst seit gestern, sondern bereits seit 1910. In einem Kommentar dazu hieß es, sie sei bald nach ihrer Gründung "bundesweit bekannt " geworden. Leser Dr. W. warnt davor, den Begriff bundesweit auf das Gebiet des Deutschen Reiches auszudehnen. In der Tat fiel das Jahr 1910 in die Zeit nicht nur des Deutschen Reiches, sondern sogar des Deutschen Kaiserreiches, das von 1871 bis 1919 währte. Obwohl es ebenfalls ein Bund war und über ein Bundesgebiet verfügte, war die Odenwaldschule bald reichsweit bekannt. Dies sei bayern-, deutschland- und weltweit weitergegeben.

DASS DIE MÜHLE am rauschenden Bach klappert, weiß man, doch ist den wenigsten klar, wie das Mühlrad betrieben wird. Läuft das Wasser des Bachs über ein Gerinne, auch Fluder genannt, von oben auf das Rad, so haben wir ein oberschlächtiges System. Das davor aufgestaute Wasser aber nennt man Oberwasser, und weil davon die Wohlfahrt des Betriebs abhängt, sagt man von einem, für den es gut läuft, er habe Oberwasser. Vor diesem - Obacht! - Hintergrund wurde bei uns dem bayerischen Finanzminister Söder attestiert, dass man das Oberwasser, auf dem er schwimme, fast täglich beobachten könne. Leser M. fand dieses Bild überkoloriert und gab der Hoffnung Ausdruck, dass Söder kräftig genug schwimmen könne, um nicht über das Mühlrad in die Tiefe gerissen zu werden. Ob man das wohl in der CSU genauso sieht?

© SZ vom 24./25.05.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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