Sprachlabor (220):Thema durch!

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Im Goethe- und Schiller-Archiv in Weimar wird eine Grußkarte aus dem Jahr 1820 von Johann Wolfgang von Goethe an seine Schwiegertochter Ottilie von Goethe gezeigt. (Foto: dpa)

SZ-Redakteur Hermann Unterstöger prüft Aussagen.

OB UNSER CHEFREDAKTEUR ein Österreich-Fan geworden sei, will Leser B. wissen und er fragt dies, weil bei uns "das Wort heuer statt deutscher Begriffe wie heute, in diesem Jahr etc." verwendet worden sei. Zunächst zum Chefredakteur: Ob er Österreich-Fan geworden ist, weiß nicht einmal sein Sekretariat, und wenn es jemand wüsste, unterläge es der Geheimhaltung. Thema durch!, wie man so sagt. Das Wort heuer darf hingegen erörtert werden. In Wörterbüchern wird es dem süddeutschen Sprachraum zugewiesen, sollte also einem Blatt wie der Süddeutschen gut zu Gesichte stehen. Im Übrigen ist es ja keineswegs undeutscher als heute oder in diesem Jahr . Es leitet sich von mhd. hiure respektive ahd. hiuro, hiuru her, was nichts anderes als in diesem Jahr bedeutet. Goethes Gedicht "Haus-Park" endet mit den Zeilen "Heuer nur, um Gotteswillen, / Liebe Mutter, keinen Kohl!", und was einem Goethe recht ist, kann uns nur billig sein.

NICHT ALS UNDEUTSCH, dafür als überflüssig empfindet Leser K. das Wort nicht , sofern es in so einem Satz vorkommt: "Zudem muss geprüft worden sein, ob die erste Ehe nicht als kirchenrechtlich ungültig erklärt werden kann." Nach K.s Ansicht wäre die Aussage ohne nicht richtiger, und so fragt er denn, was es mit diesem nicht auf sich hat. In der Tat wäre der Nebensatz ohne nicht ebenso verständlich, sodass man mit den Germanisten sagen könnte, dieses nicht sei denotativ entbehrlich und pleonastisch. Damit haben wir auch schon den Fachbegriff, dem in Grimms Wörterbuch fast drei Spalten gewidmet sind: pleonastisches nicht . Man findet es in Nebensätzen "mit einer verneinenden, zweifelnden, verbietenden, verhindernden, warnenden u. dergl. aussage", esspielt darin eine ähnliche Rolle wie griech. mh oder lat. ne (quin) . Da Goethe schon dran war, sei ein Schillersatz als Beleg angeführt. Ehe er die Armbrust nimmt und nach Altdorf geht, sagt Tell zu seiner Frau: "Verhüt' es Gott, daß ich nicht Hülfe brauche!"

ALS ZWEI UNSERER GRAFIKER unlängst einen Preis bekamen, hieß es in der Meldung, er sei ihnen für "die einseitige SZ-Grafik zur Niedersachsenwahl" zuerkannt worden. Unser Leser und ehemaliger Kollege B. gratuliert, empfiehlt jedoch, von einer ganzseitigen Grafik zu sprechen. Recht hat er, und das allseitig.

DASS LOGARITHMEN sich zwischen ihn und die Welt schoben, hat Herr Sch. in Schulzeiten leidvoll erfahren. Darum weiß er, dass das heute eher die Algo- als die Logarithmen tun. Recht hat auch er.

© SZ vom 26./27.10.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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