Sprachlabor (208):Anfällig für Spott und Kritik

Lesezeit: 2 min

Eine Spielzeugfigur hält am 19. Januar 2010 in Schwerin den Schriftzug "betriebsratsverseucht". Das Wort wurde zum "Unwort des Jahres" 2009 gewählt. (Foto: dpa)

SZ-Redakteur Hermann Unterstöger löst verzwickte Fälle.

DIE "GESUNDHEITSPRÄVENTION" wurde schon einmal der höheren Weihen teilhaftig. Das war 2009, als sie für die Wahl zum Unwort des Jahres nominiert wurde. Was dieses Wort so anfällig für Spott und Kritik macht, ist der Kurzschluss, der sich daraus ergibt, dass quasi ein positiver und ein negativer Pol zusammengeführt wurden: Gesundheit und Prävention, was bei genauer Sicht auf das Koppelwort nur bedeuten kann, dass bei der Gesundheitsprävention die Gesundheit verhindert werden soll. Das funktioniert so ähnlich wie beim Begriff Raucherschutz , der ja auch nicht den Schutz der Raucher im Auge hat, sondern konträr den der Nichtraucher. Unser Leser Dr. S. ist befremdet, dass neuerdings wieder viel von der Gesundheitsprävention die Rede ist. "Sollte", fragt er, "das Geld nicht besser für Krankheitsprävention angelegt werden?" Ja, das sollte es, und so sieht es auch der Gesundheitsminister, dessen Gesetz zur Förderung der Prävention ganz klar auf "eine gesundheitsbewusste Lebensführung" abzielt.

BEI DEN NOBELPREISTRÄGERN muss es in Lindau hoch hergegangen sein. Zu dieser Ansicht kam jedenfalls Leser E., als er bei uns erfuhr, dass dort unter anderem "der Schotte im Quilt" tanzte. Man hätte es in der Tat nur allzu gern gesehen, wie besagter Schotte in einer gesteppten, mit Applikationen geschmückten Bettüberdecke herumhüpfte, und noch lieber hätte man erfahren, was sich in der Zwischenzeit in seinem Kilt ereignete.

EINEN VERZWICKTEN FALL macht unsere Leserin Dr. W. anhängig. Basis ihrer Eingabe ist dieser Satz (gekürzt): "Die Anwendung von Verschlüsselungstechnik alleine genügt der NSA, um Mails ohne richterliche Anordnung speichern zu dürfen." Den wenigsten Schreibern dürfte bewusst sein, was Frau W. zu dem nur schwer unterscheidbaren Wortpaar allein/alleine zu sagen hat. Demnach ist alleine die adverbiale Form, die bei Sätzen wie diesem zu verwenden ist: "Ich mache etwas ganz alleine." Im Fall der Verschlüsselungstechnik aber hat allein die Bedeutung nur , was den Wegfall des "e" mit sich bringt. Was das erste Beispiel angeht, so werden die meisten auch dafür die Form  allein wählen: "Ich mache etwas ganz allein." Bei allein gleich nur ist das Grimmsche Wörterbuch auf Frau W.s Seite, wobei darauf hingewiesen wird, dass allein und nur manchmal auch gemeinsam auftreten. Im siebten Gesang von Goethes "Hermann und Dorothea" heißt es einmal: "Denn gelöst sind die Bande der Welt - wer knüpft sie wieder / Als allein nur die Not, die höchste, die uns bevorsteht!"

© SZ vom 20./21.07.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: