Sprachlabor (191):Die Dinge liegen jedoch anders

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Der Stand von Google auf der Buchmesse in Frankfurt am Main. (Foto: dpa)

SZ-Redakteur Hermann Unterstöger über die Zukunft und den Unterschied.

EINE SUCHE BEI GOOGLE beweist nichts, wird aber gern für plausibel gehalten. Gibt man die Redewendung "Wenn das mal/ man gut geht" ein, erhält man für die Variante mit "mal" 720 000 Treffer, für die mit "man" 118 000. Die Richtigkeit der ersten Fassung scheint damit gut belegt zu sein, und doch liegen die Dinge anders. Als Leser E. diese Version als Zwischentitel sah, legte er Einspruch ein, und zwar mit folgender Begründung. Es werde nicht danach gefragt, ob dies oder das mal (im Sinn von einmal ) gut gehe; es solle vielmehr heißen: wenn das nur gut geht! Dieses man gehört der niederdeutschen Sphäre an, ist aber aus Sprüchen wie "Lass man gut sein" oder "Der soll man ganz still sein" auch hier im Süden bekannt. Richtigerweise hat Walter Kempowski sein letztes Buch mit "Wenn das man gut geht!" überschrieben, und Herr E. beendet seinen Brief mit einem beherzten "Na, denn man tou!"

VOR DER "INFINITIVFALLE" warnt Leserin H. Sie meint damit Konstruktionen wie "Hollande sagte in Brüssel, keinem Haushalt zuzustimmen", die völlig außer Acht lassen, dass das Ereignis der Nichtzustimmung in der Zukunft liegt. Als zweites Beispiel führt Frau H. folgenden Satz über die Minijobber an: "Aber nur eine Minderheit glaubt, eine Vollzeitstelle zu erobern." Das klinge so, schreibt sie, als glaube Herzog X, die Burg A zu erobern, während es in Wirklichkeit die Burg B ist. Auf den Fall angewendet: Die Minderheit glaubt, sie erobere eine Vollzeitstelle, während es sich nur um eine Teilzeitstelle handle. Tatsächlich ist es so, dass nur die wenigsten Minijobber noch damit rechnen, in den sogenannten ersten Arbeitsmarkt einzusteigen.

"BIN ICH PURIST, Beckmesser gar?", will Leser W. wissen. Er will es wissen, weil er mit Strenge darauf beharrt, dass der Unterschied zwischen derselbe und der gleiche beachtet wird. Die Beispiele, die er aus unserer und anderen Zeitungen gezogen hat, lassen sich auf dieses alte Muster zurückführen: Mein Bruder und ich haben dieselbe Mutter und tragen die gleichen Schuhe. Man muss das nur umkehren, um zu erkennen, dass die Ungleichheit ihren guten Sinn hat: Mein Bruder und ich haben die gleiche Mutter und tragen dieselben Schuhe - das wären zwei Mütter und ein Paar Schuhe. Dass die Umgangssprache damit laxer umgeht, ist kein Gegenargument, obwohl die sachlich falsche Floskel "zur gleichen Zeit am gleichen Ort" kaum missdeutet werden kann. Gehört nicht direkt hierher, sei aber trotzdem zitiert: "Desselbigengleichen sollen die Weiber ihren Männern . . ." - doch lassen wird das (mehr in 1 Petri 3).

© SZ vom 09./10.03.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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