Sprachlabor (182):Erfolgreiche Frauen

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Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) spricht am 05.01.2013 beim Wahlkampfauftakt der CDU in Niedersachsen in der Volkswagenhalle in Braunschweig (Niedersachsen). Am 20.01.2013 finden in Niedersachsen Landtagswahlen statt. (Foto: dpa)

SZ-Redakteur Hermann Unterstöger erklärt den Sinn eines Satzes und ein gehaltvolles Wort.

"KANN DIE DAS?" lautete die Überschrift eines Artikels, in dem es um erfolgreiche Frauen ging. Die Kollegin, die ihn geschrieben hatte, wurde von ihrer eigenen Überschrift sozusagen eingeholt, und zwar aufgrund der Aussage, dass viele Frauen Angela Merkel wählten, "weil es sie imponiert, dass eine Frau ,das' erreicht" habe. "Diese Syntax", schrieb Leser E., "imponiert mich gar nicht", und Leserin W.-T. gab der Vermutung Raum, dass im Sprachlabor "auch für diese falsche Kasusbildung" eine Rechtfertigung herbeigezogen würde. Falsch vermutet. Hier gibt es nichts zu rechtfertigen.

NIE HAT MAN SICH im Haushalt unseres Lesers v. C. intensiver mit dem Bundespräsidenten beschäftigt als nach Lektüre eines Artikels, in dem von Joachim Gauck folgendes gesagt wurde: "Wenn aber die Wahrnehmung eines Präsidenten sich darauf beschränkt, gegen wen er seine Rede richtet, und nicht darauf, für was er sich einsetzt, dann hat er ein Problem." So, wie das geschrieben steht, meint es einen mit einer höchst einseitigen Wahrnehmungsfähigkeit ausgestatteten Präsidenten. Der Sinn des Satzes sollte aber wohl der sein, dass ein Präsident, der so und nur so wahrgenommen wird, ein Problem hat. Gauck war also Objekt der Wahrnehmung, nicht deren Subjekt.

DAS WORT "GESCHLURCHE" überwältigt zwiefach: einmal durch das eigenwillige Gemisch seiner Laute, sodann durch einen Bedeutungsanspruch, als käme es aus den Tiefen der Mystik: "Irdisches Geschlurche in Gott" oder so. Als es jetzt in einem Editorial auftauchte, wollten einige Leser seinen Sinn erklärt haben. Die in verwandten Fällen hilfreiche Suche im Internet bringt nur eine magere Ernte. Jemand schreibt, dass es ihn fertig mache, "Tralopp und trabähnliches Geschlurche angucken zu müssen", ein anderer, dass das, was sein Wallach mache, zwar "kein Hochleistungssport, aber auch kein Geschlurche" sei. Völlig anderen Sphären entstammt diese Beobachtung aus einer italienischen Messfeier: "Gewöhnungsbedürftig dagegen ist dieses fürchterlich italienische Geschlurche. Bei den Antworten sprechen die einen schneller, die anderen seppeln hinterher . . ." Der zu dem Kasus einvernommene Autor sagt von seiner oberpfälzischen Oma, sie habe kindliche Nachlässigkeiten mit der Bemerkung bedacht, dass derlei ein "Gschluach" sei, und er achte es nicht für Raub, das Hochdeutsche um dieses gehaltvolle Wort zu bereichern. Schmeller führt das Verb schlurken , das im Schwäbischen so viel wie schleppend einher gehen bedeutet. Möge uns diese Gangart im Neuen Jahr erspart bleiben!

© SZ vom 05./06.01.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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