Sprachlabor (162):Ruderin oder Rudererin?

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SZ-Redakteur Hermann Unterstöger äußert sich zu einer Floskel und einem Fachausdruck.

IST NADJA DRYGALLA nun eine Ruderin oder eine Rudererin ? Unser Leser P. wirft diese Frage auf, und zwar mit Hinweis auf die Schwimmerinnen und Speerwerferinnen, die man ja auch nicht auf Schwimminnen und Speerwerfinnen verkürze. Da uns Herr P. als feinsinniger Sprachfex seit Langem bekannt ist, vermuten wir, dass er mit seiner Frage nur herausfinden will, ob uns das Phänomen der Haplologie geläufig ist. Laut Metzlers Sprachlexikon versteht man darunter die "fehlerhafte oder konventionalisierte artikulatorische Reduktion zweier Lautfolgen innerhalb eines Wortes, die ähnlich oder gleich klingen", und kraft dieser Reduktion heißt die Frau des Zauberers nicht Zaubererin , sondern Zauberin . Was die Grenzen der Haplologie angeht, so sei an den Merksatz "Morgenstern war ein heitererer Mann als Kafka" erinnert.

Der Deutschland-Frauenachter (Foto vom 29.07.12) beim Vorlauf während der Olympischen Sommerspiele am Dorney Lake, Buckinghamshire, Großbritannien. Mit Steuerfrau Laura Schwensen (v.l.), Constanze Siering, Kathrin Marchand, Nadja Drygalla, Ulrike Sennewald, Katrin Thiem, Daniela Schultze, Julia Lepke, und Ronja Schütte . Die Ruderin Nadja Drygalla hatte das Dorf am 02.08.12 verlassen. Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) gab als Grund für diese Maßnahme "Erkenntnisse zum privaten Umfeld" der 23 Jahre alten Polizistin aus Rostock an. (Foto: dapd)

GEGEN WINDMÜHLEN anzukämpfen gilt als sinn-, aber nicht ehrlos, und so sei denn hier kurz referiert, wogegen Leser Sch. anreitet: gegen die Floskel vor unserer Zeitrechnung , mit der manche Leute die konfessionell klingende Formulierung vor Christi Geburt umgehen. Herr Sch. hat für diese Haltung zwar Verständnis, gibt aber aus Gründen der Logik Folgendes zu bedenken: "Wenn man einen bestimmten Zeitpunkt angibt, ist er unweigerlich Teil der Zeitrechnung - ein Zeitpunkt kann nicht vor der Zeitrechnung liegen."

UNTER EINER SINFONIE versteht man üblicherweise ein etwas voluminöseres, meistens mehrsätziges Instrumentalwerk, das, wenn man Glück hat, auch Programmatisches zu bieten hat - etwa das Pochen des Schicksals an die Lebenspforte. Das hat dem Terminus Sinfonie/Symphonie einen gewissen Adel verliehen und ihn für Einsätze auch im übertragenen Sinn tauglich gemacht: Sinfonie des Grauens, des Geistes, der Wale, des Handwerks, der Herzen, der Großstadt oder des Friesenpferdes (in der Tat gibt es den Film "Symphonie des Friesenpferdes", der zeigt, wie nah das Friesenpferd und Beethovens Achte beieinander sind). Dieser Vielseitigkeit ungeachtet findet unser Leser Dr. G., dass man die Chronik des Betreuungsgeldes nicht mit dem Titel "Sinfonie des Unsinns" hätte versehen dürfen. Er hätte, wenn es schon etwas Musikalisches hätte sein sollen, "Rhapsodie des Grauens" drübergeschrieben. Zu spät! Dafür ist die Sinfonie der versäumten Gelegenheiten wieder ein paar Takte länger.

© SZ vom 18./19.08.12 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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