Sprachlabor (161):Wie funktioniert das nur?

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SZ-Redakteur Hermann Unterstöger greift den Ausdruck "wumpe" noch einmal auf und gibt einem Berufsstand seine Würde zurück.

WIE DER RETTUNGSSCHIRM ESM funktioniert, wissen die wenigsten, sie wollen es vielleicht gar nicht wissen. Wer dennoch darüber nachdenkt, verfällt in aller Regel auf zwei Möglichkeiten: Entweder dass dieses Gerät wie ein Regenschirm vor Schauern schützt, oder dass es nach Art eines Fallschirms die Landung abfedert. Unser Blatt hat nun die Neuigkeit in die Welt gesetzt, wonach der ESM "mit einer praktisch unbegrenzten Feuerkraft ausgestattet" werden soll, woraus zu schließen wäre, dass es sich beim ESM um eine als Parapluie getarnte Flinte handelt, wie sie möglicherweise der Geheimdienst verwendet. Da unser Leser E. via Bundestag über Waffeneinsätze im Ausland mitbestimmt, wüsste er nur zu gern, wie das Ding funktioniert.

Ein Schirm mit der Aufschrift "Euro - Vorsicht Zerbrechlich" liegt in Hamburg während einer Kundgebung im Rahmen eines internationalen Aktionstages gegen die Macht der Finanzmärkte auf einem Bürgersteig. Das Bundesverfassungsgericht will am 12. September 2012 sein Urteil über die Euro-Rettungsmassnahmen verkünden. Bei der Urteilsverkündung geht es um die Anträge auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, die das Inkrafttreten des ständigen Euro-Rettungsschirms ESM und des europäischen Fiskalpaktes verhindern wollen. (Foto: dapd)

WIEDERVORLAGE: Vor gut zwei Jahren hatten wir schon Gelegenheit, uns über das seltsame Wort wumpe auszutauschen. Seinerzeit ärgerte sich ein Leser, dass ein Ausdruck wie dieser überhaupt ins Blatt gelangen konnte; die Bedeutung war ihm zweitrangig (es heißt so viel wie egal, gleichgültig und hört sich verdächtig nach einem Berolinismus an). Als wumpe jetzt abermals auftauchte, ärgerte sich Leser B. derart, dass er uns für die Zukunft rät, jede Ausgabe mit einem Glossar zu bestücken, "in dem Ausdrücke aus der Sprache der Spätpubertierenden erklärt werden".

DER "DIPLOMATISCHE CHOR" hat seinen Sitz in Kalau und tritt nur noch selten auf. Ein Reporter-Duo unseres Hauses hat ihn dennoch zu Gesicht - leider nicht auch zu Gehör - bekommen, und zwar bei Recherchen über den Export von Altkleidern nach Afrika. So gut sei dieses Sortiment, schrieben die beiden, dass "Damen des ausländischen diplomatischen Chors" einkaufen kämen. Unserer Leserin Dr. D. versagte an dieser Stelle die Stimme.

KANT UND NICOLAI hatten sich einst ziemlich in den Haaren, und bei dieser Gelegenheit warf Kant das Schimpfwort "gedungene Buchmacher" in den Ring. Der Streit ist vergessen, aber seitdem wird die Kantsche Injurie als Beleg dafür angeführt, dass der Buchmacher auch ein Produzent von Büchern sein kann und nicht nur, wie wir das Wort heute verstehen, ein Unternehmer, der Wetten auf Pferderennen annimmt. Die Filmmacher haben dafür gesorgt, dass dieser Berufsstand in einem üblen Geruch steht, und so war es denn nach Ansicht unseres Lesers Dr. K. mehr als waghalsig vom Kollegen W., Franz Greno einen "besessenen Buchmacher" zu nennen. Man kann das so sehen. Man kann aber auch an das allbekannte und viel gerühmte handwerkliche Ethos denken, mit dem Greno seine Bücher im wahren Sinn des Wortes machte - und dann gewinnt das Gewerbe des Buchmachers doch gleich wieder an Renommee und Nimbus, ja sogar an Würde.

© SZ vom 11./12.08.12 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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