DAS ANHÄNGSEL -ig ist eins der produktivsten Adjektivsuffixe, und wenn es sich an ein Verb hängt, bezeichnet es, so Wolfgang Fleischer in seiner Wortbildungslehre, die Neigung einer Person "zu der durch das Basisverb ausgedrückten Handlung": Wer protzig ist, protzt gern und im Übermaß. Das Verb nerven hat sich diesem Verfahren bislang entzogen: Wer nervte, galt als nervend und nicht als nervig. Dieses Adjektiv stand für den Eindruck angespannter Kraft vermittelnd, und der Duden, dem wir diese Definition verdanken, zitiert dazu Thomas Manns Krull, der dem Pferd attestiert, es sei nervig, obgleich es vom Tapir stamme. Ob die Stubenfliege auch vom Tapir stammt, sollen andere klären, bei uns wurden sie jedenfalls als "nervige Tierchen" bezeichnet, was Leser T., der bei ihnen keine angespannte Kraft walten sieht, schwer genervt hat. Wie es aussieht, ist unser Autor dem Umgangssprachlichen erlegen. Dort wird nervig mehr und mehr als Synonym für entnervend oder lästig verwendet.
HÄNGT DIESES -ig AM GOLD, so ist damit in aller Regel nicht gemeint, dass der als goldig bezeichnete Gegenstand aus Gold sei - dafür haben wir das schöne Adjektiv golden und das noch schönere gülden. In Kriegenburgs Münchner "Ring" ritt die Gutrune öfter auf einem euroförmigen Schaukelpferd, das in unserer Rezension goldig genannt wurde. Leser L. wunderte sich darüber, zumal da ja auch das Bild dazu mehr als deutlich zeigte, dass das Pferd zwar golden war, aber nicht goldig in dem Sinn, wie man zu einer Frau sagen würde: "Nein, sind Sie aber goldig!" (Siegfried spricht zu Gutrune natürlich ganz anders, nämlich so: "Ha, schönstes Weib!")
MONTAGSSTÜCKE nennt man Produkte, die so fehlerhaft sind, als wäre ihr Hersteller am Montag noch nicht ganz auf der Höhe gewesen. Leserin M. reichte vor einiger Zeit zwei Seiten einer Montags-SZ ein, und was sich darin an Schludereien ereignet hatte, ließ auf einen Produktionssonntag von schauriger Einzigartigkeit schließen: Marin (statt Martin), Ensemblecharackter, Ströhhäker (statt Strohhäcker), komkret, GastästteGarzenstadt, Sonerangebote, Fließen (statt Fliesen) und noch einiges von der Sorte. Gegen solche Belege ist nur schwer argumentieren; allenfalls kann man sagen, dass nicht stimmt, was Frau M. unterstellt: dass da in "Wurschtigkeit" verpackte Unverschämtheit am Werk sei. Shit happens, um es mal so zu sagen. Wenigstens hat Frau M. im Blatt auch etwas Lustiges gefunden: die Mitteilung, dass der bereits genannte Regisseur Andreas Kriegenburg sich mit seiner Inszenierung von Hebbels "Nibelungen" an den Münchner Kammerspielen 2004 eine "ionische" Mythen-Dekonstruktion erlaubt habe. Der dorischen sowie korinthischen sieht nicht nur Frau M. mit einiger Spannung entgegen.