ZU "EINSAM" vermerkt Grimms Wörterbuch: "dies schöne wort gebricht der alten sprache." Müsste unser Leser E. heute etwas zu dem Wort Zweisamkeit sagen, liefe es daraus hinaus, dassman "Volk ohne Raum" ist. Die andere es der gegenwärtigen Sprache leider nicht gebreche und dass "diese Albernheit" bis in unser Feuilleton habe vordringen können. Herr E. vergleicht es mit dem "Monstrum" nichtsdestotrotz und vermutet, dass diese zwei Wörter von ein und demselben Witzbold in die Welt gesetzt worden sein könnten. Die Herkunft von Zweisamkeit verliert sich im Dunkel. Die Vokabel zweisam hingegen lässt sich bei Grimm finden, als "gelegentliche analogiebildung" zu einsam, wobei es eher schadet als nützt, dass eine der zwei Quellen Hans Grimms Ro ist der "dänische Wieland" Jens Immanuel Baggesen, der in seinem weit ausgreifenden Versepos "Adam und Eva oder die Geschichte des Sündenfalls" davon raunt, wie schön es sei, wenn man "zweisam besitzt die Fülle der Natur". Rolf Vollmann hat sich in der Zeit einmal sehr erregt, weil Marcel Prousts "seul en tête à tête" mit "allein in traulicher Zweisamkeit" übersetzt worden war. Er sprach von "Gefühlsmatsch", was ihm die Einrede eines Lesers eintrug, der zu bedenken gab, dass "Zweisamkeit als Überwindung von Einsamkeit" immerhin auch "einen existenziellen, das bloß Gefühlige transzendierenden Wert" darstellen könne.
OHNE VORSTAU kein Rückstau. Diesen Schluss, um nicht zu sagen: Rückschluss, zieht Leser B. und warnt davor, die bei Unfallberichten üblichen Rückstaus/Rückstauungen ins Blatt zu nehmen. Dass es den Rückstau überhaupt nicht gäbe, stimmt indessen nicht. In der Hydrologie versteht man darunter "die stromaufwärtige Hebung des Wasserspiegels durch Hindernisse" (Brockhaus). Wer je wegen eines verstopften Kanals die stromaufwärtige Hebung des Abwasserspiegels samt Inhalt im Keller hatte, weiß, wovon die Rede ist.
EIN LÄNGERES ZITAT Günter Lamprechts wurde jüngst als Zwischentitel verwendet, wenn auch nicht im Wortlaut, sondern umgestellt und gekürzt. Dass auch diese Fassung in Gänsefüßchen stand, wertet Leser R. als Verstoß gegen die guten Sitten des Zitierens, das Schweigen des Sprachlabors dazu aber als Kollaboration. Das Thema würde wahrscheinlich eine ganze Doktorarbeit tragen, weswegen wir uns hier auf vorsichtig tastende Vermutungen beschränken. Wie es aussieht, unterliegen auch Zitate dem Änderungsverbot des Urheberrechtsgesetzes (§ 62), das seinerseits insofern eingeschränkt ist, als Kürzungen zu dulden sind, sofern sie nicht den Sinn entstellen. Da das Lamprecht'sche Zitat in der Tat einen leicht anderen Drall erhielt, ist der Kürzung zumindest mangelnde Sorgfalt zu attestieren.