Sprachlabor (156):Unbedingt die nötige Klarheit schaffen

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SZ-Redakteur Hermann Unterstöger liest bei Grimm nach, findet Fußball grausam und bleibt lieber in der Tür stehen.

DAS AKKUSATIVOBJEKT bezeichnet bei transitiven Verben den Gegenstand, der von der durch das Verb ausgedrückten Tätigkeit am unmittelbarsten betroffen wird; im Passiv kann es zum syntaktischen Subjekt werden: Hans schwänzt die Schule - Die Schule wird von Hans geschwänzt. Als Prinz Philip, der Duke of Edinburgh, 1997 auf der Hannover-Messe Bundeskanzler Helmut Kohl begrüßte, war dieser davon in zweifacher Hinsicht am unmittelbarsten betroffen: erstens, weil er das Objekt des Grußes war, und zweitens, weil ihn der für seine Scherze bekannte Prinzgemahl mit "Guten Tag, Herr Reichskanzler" ansprach. Das Objekt steht üblicherweise hinter dem Prädikat. Führt es den Satz an, soll damit meist ein besonderer Akzent gesetzt werden: "Mut zeiget auch der Mameluck" (Schiller), "Wahrlich, Schönres sah ich nie" (Mörike). Eine seltsame Ambivalenz von Subjekt und Objekt bemerkte Leser V., als bei uns des Grußes von Hannover mit diesem Satz gedacht wurde: "Helmut Kohl grüßte Philip . . . einmal mit den Worten: ,Guten Tag, Herr Reichskanzler!'" Ein ergänzendes "Den damaligen Bundeskanzler" hätte die nötige Klarheit schaffen können.

Prinz Philip betrachtet eine Karikatur seiner Frau, die britische Königin Elizabeth II. (Foto: AP)

BEI GRIMM STEHT, dass aufhören im Sinne von aufhorchen "wenig im Gebrauch" sei, und man kann das getrost dahingehend ergänzen, dass es in diesem Sinn überhaupt nicht im Gebrauch ist. Die einzige Ausnahme ereignete sich bei uns, als im Hinblick auf die iranischen Atomanstrengungen gesagt wurde, diese ließen "aufhören", eine Preziose, die Leser J. erstaunt aufhören bzw. -horchen ließ. Dem Kluge zufolge haben wir es hier mit einer Übertragung zu tun: "Wenn jemand auf etwas sein Augenmerk richtet, dann lässt er zugleich von seiner Tätigkeit ab."

DER FUSSBALL wird auch immer grausamer. Beim EM-Spiel Deutschland gegen Griechenland traf es Jérôme Boateng, der von Sami Khedira im, wie wir Kicker sagen, "Kasten versenkt" wurde: "Dessen Flanke nahm der gewohnt eindrucksvolle Sami Khedira direkt aus der Luft und drosch ihn gemeinsam mit dem gesamten Frust über den Gegentreffer in die Maschen." Unser Leser B. sagt dazu zweierlei: "Das muß doch ziemlich weh getan haben!" Und: "Schön, daß es noch solche Fundsachen gibt." Dem ist nichts hinzuzufügen.

AUF SPIEGELGLATTES PARKETT gedenkt Leser M. das Sprachlabor zu führen, und zwar mit der Frage, "wann sich etwas spiegelt, widerspiegelt oder gar wiederspiegelt". Wir bleiben vorsichtshalber in der Tür stehen und sagen mal so: Das Parkett, auf das er uns führen will, spiegelt , und wenn wir uns darüberbeugen, widerspiegelt es unser Gesicht, woraufhin wir vor lauter Schreck der Länge nach hinschlagen. Das Parkett bekommt davon ein paar Flecken, doch wenn wir die weggeputzt haben, spiegelt es bald wieder . Sorry, Herr M., besser geht's im Moment nicht.

© SZ vom 07./08.07.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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