Sprachlabor (152):Milano fiel aus der Ordnung

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SZ-Redakteur Hermann Unterstöger ergänzt die dritte Strophe richtig und erklärt ein interessantes Wort.

AUCH LANDKARTEN haben ihre innere Ordnung. Nun hat es freilich die lange deutsch-italienische Geschichte mit sich gebracht, dass ein paar italienische Städte bei uns fast nur unter ihrem deutschen Namen geläufig sind. Dem wird auch auf Karten Rechnung getragen: Neapel statt Napoli, Florenz statt Firenze. Als jetzt in Norditalien die Erde bebte, stellten wir zum Bericht eine kleine Karte, auf der sich angestammte und adaptierte Namen in bekannter Weise mischten. Nur Mailand beziehungsweise Milano fiel aus dieser Ordnung: Es trug den Namen "Milan". Leser E. kamen dabei trotz der Katastrophe die zwei Mailänder Fußballclubs in den Sinn, und er war sichtlich erleichtert, dass Mailand auf der Karte nicht "Inter" hieß.

Ein Mann geht über eine überdimensionale Weltkarte. (Foto: DPA/DPAWEB)

NICHTS PEINIGT MEHR, als wenn Gedichte der vom Dichter gewollten Form enthoben und in willkürlicher Zeilenanordnung wiedergegeben werden. Dies widerfuhr einem Gedicht Heinrich Heines, das den freien Raum zwischen einigen Todesanzeigen füllte - thematisch ja nicht unpassend, da es sich um das Gedicht handelt, das Heines Grab auf dem Friedhof Montmartre schmückt. Dass in der ersten Strophe zwei Verszeilen zu einer zusammengezogen waren, geht noch an, und dass die zweite Strophe gänzlich fehlte, ebenfalls. Mit der dritten Strophe aber geschah dies:

Immerhin. Mich wird umgeben Gottes-

himmel.

Dort wie hie und als Totenlampen

schweben nachts die Sterne über mir.

Leser M. unterstellt dieser Kolumne, sie werde "auch für diese groteske Verseordnung eine Entschuldigung finden". Hier irrt Herr M.: Da gibt es nichts mehr zu tun, als Heines Strophe so nachzutragen, wie sie in der großen Düsseldorfer Ausgabe steht:

Immerhin mich wird umgeben

Gotteshimmel, dort wie hier,

Und als Todtenlampen schweben

Nachts die Sterne über mir.

TOTILAS ist kein Ostgotenkönig, sondern ein berühmter Hengst. Er gehört der Rasse Koninklijk Warmbloed Paard Nederland - KWPN - an und ist derart toll, dass man sich versündigen würde, wenn man ihn nicht auch zur Zucht einsetzte. In unserem Sportteil hieß es, dass Totilas auch deswegen als Deckhengst arbeiten müsse, "um seinen Kaufpreis zu reerlösen", Letzteres ein Verb, das unseren Leser St. zu allerlei pferdezuchtsprachlichen Spekulationen animierte. Gemeint war natürlich, dass Totilas auf diesem Weg seinen Kaufpreis wieder einspielen soll, dass es um seine Refinanzierung geht. Interessant ist an dem Wort reerlösen zweierlei. Erstens lehrt es uns, dass das lateinische Präfix re - tunlichst nicht an deutsche Wörter geklebt werden sollte. Zweitens würfe es, wäre es denn legal, die Frage auf, ob das zu nicht eigentlich zwischen Präfix und Verb gehört: "um seinen Kaufpreis rezuerlösen".

© SZ vom 06/07.06.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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