Sprachlabor (146):Auf Baierisch heißt es wieder ganz anders

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SZ-Redakteur Hermann Unterstöger macht sich Gedanken zu einer preziösen Wendung und seltsamen Vergleichen.

WOS DAMA? Nach landläufiger Auffassung ist das baierisch und bedeutet: Was tun wir? Üblicherweise antwortet man darauf: Rama dama , was so viel heißt wie: Räumen tun wir. Das kann als Aussage oder Aufforderung verstanden werden, und als Letztere schreibt man sie dem vormaligen Münchner Oberbürgermeister Thomas Wimmer zu, der damit die Leute aufrief, den Kriegsschutt zu beseitigen. Unser Magazin stand kürzlich unter dem Motto "Rama dama", wozu die Kollegen gleich die Übersetzung "Wir räumen auf" lieferten. Vordergründig ist das richtig, hintergründig nicht, weil es zwischen räumen und aufräumen einen sachlichen Unterschied gibt, der sich auch sprachlich bemerkbar machen sollte. Wir räumen auf hieße auf Baierisch auframa dama beziehungsweise auframma damma . Selbst wenn es alle so machen, sollte man nicht rama dama schreiben, sondern ramma damma - nur diese Version entspricht dem gesprochenen Dialekt. Schließlich nannte man den Wimmer Thomas auch nicht Damerl , sondern Dammerl .

Mitglieder der bayerischen Königstreuen e.V. mit einer bayerischen Rautenfahne und dem Bild ihres Idols, dem Märchenkönig Ludwig II. Die Königstreuen haben sich das Gedenken an die bayerische Monarchie sowie die Pflege von Tracht und Mundart auf ihre Fahnen geschrieben. (Foto: AP)

"MEIN VATER, mein Vater, jetzt fasst er mich an", ruft das Kind in letzter Not, und wenn wir die Stelle in Goethes bekanntester Ballade richtig deuten, war das, was der Erlkönig mit dem Kind anstellte, etwas anderes als das, was man heute hin und wieder mit der Wendung emotional anfassen umschreibt. Erst unlängst wurde bei uns wieder, zum Verdruss unseres Lesers Z., von zwei Zeugen berichtet, die vor eineinhalb Jahren Schlimmes gesehen hatten und "noch immer angefasst" wirken. Woher die preziöse Wendung kommt, ist schwer feststellbar, doch sieht es ganz danach aus, als würde sie von Sportsleuten besonders gern verwendet. Als zum Beispiel Maria Riesch 2010 in Vancouver ihre zweite Goldmedaille gewann, bekannte der Alpindirektor des DSV, Wolfgang Maier: "Das hat mich schon emotional angefasst." Riesch selbst blieb cool und sagte nur: "Wahnsinn!"

WENN LESER Z. zupackt, dann richtig, und so warf er uns denn, mit einem scharfen "Quo vadis, SZ?!", gleich noch ein paar im Blatt gefundene Vergleiche auf den Tisch. Ein Kollege hatte auf dem Gesicht einer Kubanerin "ein Lachen von der Spannweite eines Airbus" entdeckt, einem anderen war die Nachricht von dem Schweizer Haftbefehl "wie das Läuten einer Kuhglocke auf der stillen Almwiese" vorgekommen, und ein dritter war der Ansicht gewesen, bei den Liberalen hätten Theorie und Praxis "so viel miteinander zu tun wie ein Nudelsalat und ein Feuerlöscher". Ein übergreifendes Metaphernkonzept lässt sich nicht entdecken, aber irgendwie fühlt man sich wie in einem Airbus, wenn sie mit der Kuhglocke zum Nudelsalat läuten.

© SZ vom 28./29.04.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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