Sprachlabor (141):Dieses Wort bringen wir nicht so schnell los

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SZ-Redakteur Hermann Unterstöger ist auf der Suche nach Legenden, Müttern und einem fehlenden Begriff.

ÜBER BURGHAUSEN erhebt sich die längste Burg der Welt, ein Umstand, der von einer Werbeagentur unlängst so zusammengefasst wurde: WELT LÄNGSTE BURG. Der Stadt hat das viel Spott eingebracht, mochte der Bürgermeister gleich kontern, hier sei "eine Wort-Bildmarke mit hohem Wiedererkennungswert" entstanden. Selbst wer WELT und LÄNGSTE zu "weltlängste" zusammenzieht, steht immer noch vor der Frage, ob so ein Superlativ zulässig ist, da ihm doch die Vorformen weltlang und weltlänger (Positiv, Komparativ) fehlen. Ähnlich verhält es sich mit dem beliebten Adjektiv weltbester, über das sich unser Leser Sch. gar nicht genug ärgern kann. Er fand es in einer Beilage, in der es um Kreuzfahrten ging, und dort wurde die Europa als "weltbestes Kreuzfahrtschiff" gerühmt. Hier fehlen die Formen weltgut und weltbesser ebenfalls, doch gibt es mittlerweile derart viele weltbeste Läufer, Springer, Boxer, Schwimmer und sonstige Sportler, dass wir das Wort so schnell nicht mehr losbringen werden. Wo es wirklich gut aufgehoben ist, lesen es freilich nur wenige: bei Kant zum Beispiel, der einmal von "einer mit der Befolgung moralischer Gesetze harmonisch zusammentreffenden Glückseligkeit vernünftiger Wesen" sprach und dies "das höchste Weltbeste" nannte.

Blick auf Burghausen (Oberbayern) an der Salzach mit seiner langgestreckten Burganlage. Sie ist mit 1051 Meter Europas längste Burganlage. (Foto: dpa/dpaweb)

AUF BESAGTEM SCHIFF kocht übrigens "eine lebende kulinarische Legende". Leser Sch. findet auch das ätzend, denn unter einer kulinarischen Legende stellt er sich eine Sachertorte vor. Als was er sich bei diesem Stand der Dinge den Koch vorstellt, lässt er offen.

WO DIE MÜTTER geblieben seien, wollte Leserin Dr. M. wissen, und das "mit feministischen Grüßen". Anlass ihrer Frage waren die biographischen Hinweise, dass die Politikerin Rita Süßmuth die Tochter "eines Schulrats" sei, Brasiliens Präsidentin Dilma Rousseff hingegen die Tochter "eines bulgarischen Einwanderers". In der Tat haben die Väter das nicht alleine zustande gebracht. Rita Süßmuths Mutter war eine "couragierte und selbständige Frau", die im elterlichen Uhren- und Schmuckgeschäft arbeitete (Quelle: Konrad-Adenauer-Stiftung). Dilma Rousseffs Mutter hieß Dilma Jane da Silva, war Lehrerin und stammte aus Nova Friburgo im Bundesstaat Rio de Janeiro (Quelle: Wikipedia). Dort wurde, nebenbei gesagt, auch Gustavo Nery de Sá da Silva geboren, ein Fußballer (linker Verteidiger), der bei Werder Bremen in drei Ligaspielen null Tore schoss.

ZUM ABSCHLUSS heute ein kleiner Lückentext-Test. Die dadp verbreitete kürzlich folgende Meldung: "In Nepal soll ein Mann seine drei Töchter im Schlaf mit Steinen zu Tode gequetscht haben. . . . . . . ereignete sich Polizeiangaben zufolge am Freitag im Haus der Familie in einem abgelegenen Bergdorf rund 80 Kilometer südlich der nepalesischen Hauptstadt Kathmandu." Welcher Begriff fehlt hier: das Verbrechen, die Untat, die Katastrophe? Nichts davon. In der Nachricht hieß es "der Zwischenfall", und man vermisst nur noch den Dorfältesten, der sich die Sache ansieht und "Schöne Bescherung" sagt.

© SZ vom 10./11.03.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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