Sprachlabor (136):Geschleifte Sprache

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SZ-Redakteur Hermann Unterstöger erklärt Missverständnisse.

OBGLEICH, wie im Grimm vermerkt, sowohl schleifen, schliff, geschliffen als auch schleifen, schleifte, geschleift auf das althochdeutsche slîfan, sleif, gisliffan zurückgehen, ist das nicht gehupft wie gesprungen. Man schleift zwar Messer und Burgen, aber wenn man damit fertig ist, hat man außer den sehr unterschiedlichen realen Ergebnissen auch zwei sehr unterschiedliche Vergangenheitsformen vor sich: Die Messer wurden geschliffen , die Burgen hingegen geschleift . Leider wird das bei uns im Blatt immer wieder verwechselt, so kürzlich, als es zum Verdruss einiger Leser hieß, dass einige Kreisverbände der Linken "geschliffen" werden sollten. Oft wird zur Entschuldigung angeführt, dass jüngere Kollegen das Schleifen von Burgen nicht mehr hätten erleben können. Das ist aber Unsinn, da Burgen, die auf sich hielten, schon vor 500 Jahren geschleift worden waren, und wir Älteren trotzdem wussten, dass man sie nicht geschliffen hatte. "Von einer geschliffenen Sprache" kann laut Leser B. in solchen Fällen "nicht die Rede sein, viel eher von einer geschleiften".

Messerschleifer Alexander Trapp in seiner Werkstatt im Münchner Schlachthofviertel (Foto 2009). (Foto: Stephan Rumpf)

SCHULD ist eine moralische Kategorie, weil der Mensch statt des Bösen schließlich auch das Gute tun könnte, und insofern geht es kaum an, die Schuld beziehungsweise Verantwortung für dies und das der Sachwelt zuzuschieben. Die bereits erwähnten Älteren unter uns erinnern sich gewiss noch an Manuelas Schlager "Schuld war nur der Bossa Nova", in dem für das, was "die kleine Jane" und ihr Jim trieben, ein Modetanz verantwortlich gemacht wurde, der sich davon denn auch nie mehr erholt hat. Unser Leser M. hat sich nun auf die Seite jener "tiefstehenden Sonne" geschlagen, die bei uns für eine Karambolage bei Cloppenburg "mitverantwortlich" gemacht worden war. Recht hat er. Für die Sonne gilt das Dichterwort "Verbiete du dem Seidenwurm zu spinnen": Sie kann nicht anders als scheinen, und dass sie nachmittags im Raum Cloppenburg tief stehen muss, hat sie sich ebenfalls nicht selber ausgesucht.

WIE DAS WETTER, so das Unwetter: immer die Hand im Spiel! "Nicht alle Spieler beendeten wegen Unwetters die Runde", hieß es bei uns über ein Golfturnier in Johannesburg, und Leser W. verstand das so, dass zwar alle Spieler wegen Unwetters angetreten waren, aber nicht alle bis zum Ende durchhielten. Möglicherweise ging es dabei um den Cup im Grand Thunderstorm Open, und dass da die Nerven flattern wie die Fahnen am Flaggenstock, kann man ja verstehen.

© SZ vom 06.02.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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