Sprachlabor (131):Aufgeräumt und noch etwas gefunden

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SZ-Redakteur Hermann Unterstöger rückt gerade, kittet zusammen und sagt Danke.

WENN DAS JAHR zu Ende geht, wird auch im Sprachlabor noch ein wenig aufgeräumt. Hier ein paar der dabei aufgefundenen Marginalien.

Die Arzthelferinnen-Schülerin Jana (v.l.) und die Rettungsdienstpraktikanten David, Helena und Louisa des Rotkreuzklinikums in München zeichnen mit Wunderkerzen "2012". (Foto: dapd)

DIE KOLLEGIN, die unlängst mit der Schauspielerin Sarah Jessica Parker sprechen durfte, bemerkte nicht nur deren "fluffig" geföhnte Locken, sondern auch einen "Publizisten", der mit ihnen im Raum saß. Leser G. würde gern wissen, was das nun wieder für ein Mensch ist. "He usually wants his client to receive positive acclaim", heißt es über den publicist im Internet, woraus folgt, dass er eben kein Publizist ist, sondern eher so etwas wie ein Publizistenflüsterer.

MANCHMAL GELÜSTET ES die Leser, etwas aus dem Zusammenhang zu reißen. Herr B. sandte dies ein: "Nach einem zunächst friedlichen Protestmarsch [. . .] zündeten einige Demonstranten zwei Polizeiautos an. Dann geriet die Situation außer Kontrolle." Zugegebenermaßen hört sich das ziemlich schräg an, doch wenn man beim Weiterlesen erfährt, dass kurz danach Tausende randalierten und fünf Menschen zu Tode kamen, muss man dem Kollegen attestieren, dass er die Dramaturgie der Ereignisse korrekt beschrieben hat.

KNAPP DANEBEN ist auch daneben, dachte sich unser Leser F. bei diesem Satz: "Nach langer Pause treten die fünf ostdeutschen Ministerpräsidenten häufiger zusammen aus . . ." Vielleicht wäre es um den Föderalismus besser bestellt, wenn sich die westdeutschen Ministerpräsidenten dem anschlössen.

"MIT SCHRECKEN" las Herr T. in der ansonsten eher ungefährlichen Leute-Spalte, dass die Schauspielerin Franka Potente "zum Teil" in Los Angeles wohne. Das war im August, und man kann nur hoffen, dass die anderen Teile mittlerweile nachgezogen sind.

EHE DIE "ZAUBERFLÖTE" endet, holt Sarastro zu einem letzten Rezitativ aus: "Die Strahlen der Sonne vertreiben die Nacht, / Zernichten der Heuchler erschlichene Macht." Da zernichten also schon 1791 in Gebrauch war, kann es nicht gleichzeitig "eine Wortschöpfung von Theodor Heuss" sein. Diese Ansicht äußerte ein prominentes und kluges Leserbriefschreiberpaar, und wenn Leserbriefe auch grundsätzlich tabu sind, hätte man den wie gesagt prominenten und klugen Leuten den Lapsus einfach streichen sollen. Leser M. rettet die Sache, indem er einen "tatsächlichen Nachkriegsneologismus" beisteuert, nämlich das Wort zerheilen, mit dem Paul Celan das beschrieb, was die Psychotherapie an ihm vollbrachte.

DANKE allen Lesern, die unsere Fehler sehen und uns damit zerbengeln.

© SZ vom 31.12.2011/01.01.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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