Vancouver Island in Kanada:Bärige Begegnung beim Baden

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Wer Vancouver Island im Südwesten Kanadas besucht, bekommt Wild-West-Idylle pur - und mit etwas Glück eine Einladung zum Lachs-Barbecue mit echten Indianern.

Endlose Wälder, steile Felswände, Flüsse voller Fische: So kennt jeder, der Karl May gelesen hat, den Wilden Westen. Und genau so lässt sich das Land der "Rothäute" von Urlaubern auch heute noch erleben: im äußersten Südwesten Kanadas. Vancouver Island ist die Heimat von Indianerstämmen wie den Salish und Namgis.

Hier sind Urvölker mit zungenbrecherischen Namen wie Kwakwaka'wakw und Tla-o-qui-aht seit Menschengedenken zu Hause - "since time immemorial", wie sie selbst sagen.

Wettspringen der Wale

Die Pazifikinsel ist etwa so groß ist wie die Niederlande und an Naturschönheiten kaum zu übertreffen: Über den dichten Regenwäldern erheben sich Berge, die trotz des milden Seeklimas im Winter sogar zum Skilauf einladen.

Der Strathcona Park in der Inselmitte weist mehr als 150 Kletterpfade aus. Ein 16 Kilometer langer Weg über Hängebrücken, an Seen und Bächen entlang, führt zu den Della Falls. Sie sind mit 440 Metern mehr als achtmal so hoch wie die Niagara-Fälle und damit die höchsten Wasserfälle Nordamerikas.

Gletscher haben auch die Küste der Insel zerfurcht. Im Frühjahr und Herbst ziehen etwa 22.000 Grauwale auf dem Weg von Mexiko in die Arktis und wieder zurück vorbei - in Sichtweite zu den Ufern. Einige der Kolosse bleiben auch das ganze Jahr in den Gewässern von Vancouver Island und springen mit den schwarz-weißen Schwertwalen um die Wette, während Schwarzbären und Grizzlys landeinwärts an den Flüssen auf heimkehrende Lachse warten.

Lachs gibt es auch bei Roy Cranmer am Strand von Alert Bay auf der kleinen Insel Cormorantim im Nordosten Vancouver Islands. Cranmer, ein Mitglied des Namgis-Stammes, präpariert den Lachs so, wie die Vorfahren es "seit Hunderten von Generationen" getan haben.

Im Handumdrehen ist der Fisch mit einem scharfen Messer gehäutet und zerlegt. Bevor Cranmer die Filets an Stäben befestigt, tränkt er das Zedernholz mit Fischblut - "so kann es nicht brennen". Dann stellt er die Stöcke, die den Lachs wie eine Zange umklammern, am Feuer auf.

Lesen Sie auf der nächsten Seite, wie die Ureinwohner von Vancouver Island Touristen ihre Kultur näher bringen.

"Früher gehörte uns das Land bis hinauf nach Port Hardy", sagt Roy. "Jetzt holzen fremde Logger unsere Wälder ab und trüben mit den Spänen den Nimpkish River".

Auch unter den fremden Fischfarmen in ihrem Fluss leidet sein Stamm. Sie ziehen Wasserläuse an, die die jungen Lachse auf dem Weg ins Meer befallen können. Immer weniger von ihnen kommen zurück zum Laichen, klagt Roy. Dabei leben Vancouver Islands Ureinwohner vom Fischfang.

Familienfeste mit bis zu 1000 Gästen

Roys Lachs-Barbecue ist Teil eines Familienprogramms, das die Cranmers "Culture Shock Interactive Gallery" nennen. Seine Frau erzählt die Legenden der Namgis - von einer Welt mythischer Figuren mit übernatürlichen Kräften, die sich vom Mensch in Tiere verwandeln oder umgekehrt. Roys Töchter fertigen Schmuck und bringen Besuchern bei, aus Zedernrinde Armreifen zu flechten. Derweil laden Cranmers Schwiegersöhne zur Walbesichtigung mit einem traditionellen Kanu ein.

Ein paar Fußminuten entfernt liegt das U'mista-Kulturzentrum mit seiner Potlatch-Sammlung. Potlatch heißen die Feste, zu der die Kwakwaka'wakws und andere First Nations, wie die Urvölker genannt werden, ihre Familie einladen, oft bis zu 1000 Personen. Fremde sind dabei nicht zugelassen.

Dafür werden sie von den Kwakwaka'wakws zu Aufführungen ins "Big House" eingeladen: einen Bau von der Größe einer Turnhalle mit Sandfußboden und Feuerstelle. Dort lassen sich die Tänzer vom Klang der Trommeln treiben und stellen Geschichten dar, die Eltern ihren Kindern beibringen.

Gewänder, Masken, Trommeln und Rasseln waren vor 100 Jahre von der Regierung beschlagnahmt und unter anderem an Museen gegeben worden. Das Potlatch-Verbot sollte die Indianervölker ins neue Kanada integrieren. Erst seit 1980 haben die Kwakwaka'wakws von Alert Bay die meisten ihrer Kultobjekte wieder zurück. Ein Teil der Sammlung wird im Sommer 2010 im Japanischen Palais von Dresden ausgestellt.

Lesen Sie auf der nächsten Seite, warum das Schwimmen im Campbell River gefährlich werden kann.

Bei einer Schnorcheltour im Campbell River schwimmen die Urlauber mitten zwischen den heimkehrenden Lachsen flussaufwärts zu den Laichgründen - allerdings nur ein Stück. Denn wo es flacher wird, stehen Grizzlys und Schwarzbären im Wasser, um die fetten Lachse mit gekonntem Tatzenschlag aus dem Wasser zu holen. Im nahen Orford River Valley können Besucher dieses Schauspiel von Aussichtsplattformen ganz nah, aber doch aus sicherer Entfernung miterleben.

Von der Stadt Qualicum Beach, knapp zwei Autostunden die Ostküste hinab, führt eine Straße über Port Alberni an die zerklüftete und sturmgepeitschte Westküste. Ucluelet und Tofino sind hier beliebte Surferziele. Der viele Niederschlag im Inselwesten fördert üppiges Wachstum und lässt Farne mannshoch werden.

Der Pacific Rim National Park erstreckt sich hier über eine Länge von 130 Küstenkilometern. Der 75 Kilometer lange "West Coast Trail" ist einer der populärsten Wildnispfade der Insel. Er zieht sich von Bamfield nach Port Renfrew und wurde einst zur Rettung von Schiffbrüchigen angelegt. Wer ihn wagt, sollte fit sein und sich lange vorher angemeldet haben.

Informationen www.canada.travel www.vancouverisland.com

© Gisela Ostwald/dpa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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