Neulich war ich abends mit ein paar Freundinnen beim Minigolf. Nicht draußen, wie man in Deutschland meist minigolft, sondern in einer Bar mit dem Namen "Urban Putt". Die Kneipe hat eine Minigolf-Anlage integriert. So verbrachten wir einen Großteil des Abends damit, von Loch zu Loch zu ziehen und laut lachend und vor allem laut jubelnd Bälle zu versenken.
Nach der Runde priesen wir ausführlich das golfspielerische Geschick des Siegers und sprachen dann über unsere Urlaube. Ich erzählte von meiner Reise nach Mexiko und listete kurz und knapp die Stationen auf. Als ich fertig war, herrschte Stille. Alle drei Freundinnen sahen mich fragend an. Ganz offenbar warteten sie auf etwas. Nur was? Ich blickte fragend zurück, die drei tauschten ihrerseits Blicke. "Hat es dir denn nicht gefallen?", fragte schließlich eine zögernd. "Doch, sehr sogar!" "Hat sich aber nicht so angehört!"
Da fiel bei mir der Groschen: Man erwartete mehr Enthusiasmus von mir. Gut, können sie haben, dachte ich und legte los: Es war "absolutely awesome", "amazing", "a stunning trip", "wonderful people", "a breathtaking country", "fantastic food", "the best beaches ever", "just like paradise". Hatte ich überzogen? Keine Spur! Meine Freundinnen lachten erleichtert, hatten sie doch befürchtet, mein Urlaub wäre nicht der Rede wert gewesen. Oder so furchtbar, dass ich nicht darüber sprechen wollte.
Es fällt mir immer noch schwer, jeden und alles mit den überschwänglichsten Worten zu lobpreisen. Aber beschränke ich mich - als schnörkellose, deutsche Wort-Sparerin - auf "good", "fine" oder "nice", werde ich oft als unhöflich empfunden. Und mein Gegenüber denkt, dass das Beschriebene alles andere als "good" war. Amerikaner sind verbale Höhenflüge gewöhnt. Dahinter steckt eine durch und durch optimistische Einstellung zum Leben, die ich wirklich bewundere und die den Alltag verschönert.
Trotz meiner Bewunderung: Gewöhnungsbedürftig sind die Kompliment-Superlative allemal. Anfangs dachte ich noch: "Offenbar gefällt mein neues Oberteil nicht nur mir so gut", wenn ich für mein Outfit wieder einmal mit den schönsten Komplimenten überschüttet wurde. Wird einem gesagt "You look absolutely great!", "What a beautiful dress!" oder "I love your top", ist das schließlich für jedermann Balsam auf der eitlen Seele. Erst im Lauf der Zeit habe ich gemerkt, dass es einfach dazugehört, dem Gegenüber solche Schmeicheleien zu sagen. Und fröhlich in die Lobhudelei einzustimmen.
Auch die Minigolfrunde mit meinen Freundinnen war wieder einmal ein Abend der Lobeshymnen und Nettigkeiten. Ein "awesome" jagte das andere. Alles war "amazing", "gorgeous", "hilarious" oder "mesmerizing". Der neueste Film mit Bill Murray war "the best movie of the year" mit einem "amazing actor", die Fahrradtour im Sonoma Valley "the most exciting experience ever" und "absolutely breathtaking", der Sonntagsbrunch mit Freunden "marvelous", "terrific" und "fantastic".
Von der lebensbejahenden Einstellung angesteckt, verordnete ich mir eine Charme-Offensive. Im Fitness-Studio pries ich den Haarschnitt des Trainers ("I looooove your hair!"), die Ohrringe einer Bekannten ("absolutely beautiful", "lovely", "look great on you"), im Gespräch mit einem Gründer dessen Startup ("the most exciting project ever"). Alle derart Gelobten waren begeistert und ich war zufrieden mit meinen Fortschritten auf dem gesellschaftlichen Parkett der Wohlfühl-Schmeichelei.
Dann sprach ich mit einer Freundin in Deutschland. Nach fünf Minuten fragte sie mich, was mit mir los sei. "Hast du im Lotto gewonnen? Oder bist du betrunken?", scherzte sie. Ich sei irgendwie so "übertrieben gut gelaunt" und "fast schon pathetisch". Das, meine Liebe, antwortete ich, ist mein neues Leben in Superlativen.
Dies war die letzte Folge der amazing, breathtaking und terrific Kolumne "USA, Land der Fettnäpfchen" unserer Autorin Beate Wild. Alle Folgen finden Sie hier.