Das leise Schwappen des Indischen Ozeans und das Zirpen einiger Grillen sind die einzigen Geräusche, die man hört. Es ist kurz vor zehn am Abend, schwül und bis auf ein paar Lichter weitgehend dunkel zwischen den "Mbuyu Beach Bungalows" in Msambweni. Der kleine Ort an der Südküste Kenias liegt eine Autostunde von der tansanischen Grenze entfernt. Auf die Frage, ob er Kenia noch immer für ein sicheres Reiseziel hält, deutet Werner Zeppenfeld um sich, auf den ruhigen Ozean, den fast menschenleeren Strand und den sternenklaren Himmel. Er fragt zurück: "Wovon fühlen Sie sich jetzt gerade bedroht?"
Zeppenfeld führt die kleine, aus fünf Bungalows bestehende Lodge gemeinsam mit seiner Frau. Der 63-Jährige lebt seit zwölf Jahren in Afrika - acht Jahre lang war er ARD-Korrespondent mit Sitz in Nairobi. Von dort aus war er als Berichterstatter für 38 Länder unterhalb der Sahara zuständig. Von allen Orten, die er dabei gesehen hat, wählte Zeppenfeld Msambweni für seinen Ruhestand aus. Dafür hat er die Lodge direkt am Ozean gekauft. Die Gehälter der 15 Angestellten zahle er von seiner Rente, sagt er, Profit werfe die Ferienanlage nicht ab.
Einige Hoteliers werden auf der Strecke bleiben
Trotz der Stille ist die Lodge auch nachts noch voller Leben - übers ganze Gelände kreucht und fleucht es. Eine Menge langer, schlauchartiger Tausendfüßer, Einsiedlerkrebse, Falter, Moskitos und Gottesanbeterinnen sind zwischen den Bungalows unterwegs. Eigentlich sieht man um diese Zeit auch eine Menge menschliche Gäste an diesem Teil des Indischen Ozeans - die Wintermonate sind Hauptsaison. Gerade in den Weihnachtsferien gilt Kenias Südküste als beliebtes Ferienziel. Doch es sind nur noch wenige Touristen in der Anlage, im Ort, an der Küste und im gesamten Land, das bis vor kurzem noch eines der am meisten besuchten Urlaubsziele des Kontinents war.
Die Gründe dafür liegen auf der Hand. Auch in diesem Jahr wurden immer wieder Touristen bei Anschlägen in Kenia verletzt oder getötet. Zuletzt kamen im Juli zwei Urlauberinnen in Mombasa bei Überfällen ums Leben. Am 22. November verübte die Terrormiliz Al-Shabaab einen Anschlag auf einen Bus, der von der somalischen Grenze nach Nairobi unterwegs war und tötete dabei 28 Menschen.
Auch der Ebola-Ausbruch in Westafrika schreckt viele ab. Im rund 5500 Kilometer vom Epizentrum der Seuche entfernten Kenia gab es jedoch noch keinen Fall, und die Grenzen des Landes sind seit August für Reisende aus den von der Epidemie betroffenen Ländern geschlossen.
Das Auswärtige Amt rät von Reisen in den Norden des Landes ab, besonders in die Gebiete entlang der somalischen Grenze und der Nordküste. Auch für die Altstadt von Mombasa sowie bestimmte Stadtteile Nairobis besteht ein Sicherheitshinweis. Reisen an die Südküste werden aber nicht als bedenklich eingestuft.
Dennoch: Viele Touristen sind abgeschreckt und meiden das gesamte Land. Das kenianische Fremdenverkehrsamt verzeichnete für Deutschland von Januar bis Juli dieses Jahres im Vergleich zum Vorjahr einen Rückgang von rund 17 Prozent. Aus Großbritannien und Italien kommen die meisten Urlauber der Südküste, und bei diesen Gästen beträgt der Rückgang sogar rund 34 Prozent. Für die zweite Hälfte des Jahres liegen noch keine offiziellen Zahlen vor. Touristiker schätzen aber, dass diese noch weiter rückläufig sind. Ulrike Schäfer, beim Reiseveranstalter FTI für Afrika zuständig, nennt die Nachfrage "derzeit verhalten", während TUI-Pressesprecherin Alexa Hüner von "stark rückläufigen Buchungszahlen" spricht.
Non-Profit-Hotelier Zeppenfeld zeigt für die Sorgen der Touristen kein Verständnis: "Zwischen den Ebola-Ländern und Kenia liegt die gesamte Sahara. Die Panik ist irrational. Hier im Süden ist es ruhig." Es sei wie überall auf der Welt, findet der weit gereiste Zeppenfeld: Wenn man wisse, wohin man gehen könne, sei man sicher. "In all meinen Jahren hier in Afrika agierte ich nach diesem Motto, und offensichtlich lebe ich noch."