Ohne Handy, ohne Internet und ohne Menschen - ganz allein in den Bergen. Davon träumen viele Städter. Katharina Brüggebors hat ihren Traum realisiert und verbringt einen Sommer lang auf einer Alm in den Südtiroler Bergen. Von Carolin Gasteiger Als einsame Spitze in der Bergwelt des Südtiroler Rojentals ragt das Gipfelkreuz auf dem 2896 Meter hohen Grionkopf in die Luft. Menschenleer, einsam und naturbelassen sieht die Landschaft aus. Im Lärm und in der Hektik der Großstadt sehnen sich viele nach dieser Einsamkeit. Und wo könnte es stiller sein als hoch in Bergen, wo nur ...
... einige Kühe grasen?
Auch Katja Brüggebors aus Hannover hatte diese Gedanken, als sie vor ein paar Jahren ihren Managerposten in einem Hotel aufgab, um in der Nähe von Landsberg am Lech eine landwirtschaftliche Ausbildung zu absolvieren und dort auf einem Bio-Bauernhof zu leben.
Wohin sie ihre berufliche Neuorientierung führt, weiß die 37-Jährige noch nicht. Auf einer Alm in den Südtiroler Bergen will sie sich darüber klar werden, wie es künftig in ihrem Leben weitergehen soll. Zusammen mit Hütehund Nelly, laut Brüggebors "dem besten Hütehund der Welt", zieht sie über die Almwiesen.
Seit Mai verbringt sie den Sommer auf einer Hüte-Alm in 2400 Metern Höhe. Das bedeutet, sie kümmert sich um ihre Tiere - 300 Kühe und 40 Pferde. Getty-Fotograf Johannes Simon hat sie ein Wochenenende lang begleitet und dokumentiert, wie gut Brüggebors das Leben weit oben fernab allen Großstadt-Getöses tut.
Die Teilzeit-Sennerin habe sich einen Traum erfüllt, so Simon - allein da oben, wo nicht andauernd ein Wanderer vorbeikomme. Ihre Stelle hat sie über eine Schweizer Alpstellen-Vermittlung gefunden.
Losgelöst von den Annehmlichkeiten der modernen Welt - Internet, Handy oder auch nur warmem Wasser - verbringt die Hüterin ihre Zeit allein mit den Tieren und der körperlichen Arbeit, die dabei anfällt. Hier streut sie Lecksalz für die Kühe aus.
Anders als ein Fünf-Sterne-Hotel: Brüggebors Zuhause für den Sommer ist ein kleines Almhäuschen mit einer Kochgelegenheit und einem Stockbett. Käse oder Milch stellt Brüggebors nicht selbst her - das ist der Unterschied zwischen Hüte-Alpe und Senn-Alpe.
Den Strom, um sich eine Suppe zu kochen, gewinnt Brüggebors aus einer Photovoltaik-Anlage, das Wasser kommt aus einem Gebirgsbach.
Hütehund Nelly hat sich die ehemalige Hotelfachfrau für den Almsommer ausgeliehen - und ihn so lieb gewonnen, dass er sogar mit in ihrem Bett schlafen darf.
Die Kühe behandelt sie mit homöopathischen Mitteln - was bei den Südtiroler Bauern, die vorwiegend Antibiothika verwenden, Kopfschütteln verursacht. Wenn es in den nächsten Wochen oben in Bergen kälter wird, steigt Brüggebors mit den Tieren auf eine mittlere Alpe, dann auf eine Waldalpe hinunter.
Ihre Auszeit auf dem Berg, die Stimmung beim Sonnenuntergang, wird sie vermutlich vermissen. Aber noch dauert ihr Sommer einige Wochen an, in Stille und Abgeschiedenheit.