Reisen im Herbst:Wohin im November? Tipps für Inseln, Berge und Genussregionen

Lesezeit: 6 Min.

Die starken Passatwinde auf den Kanaren freuen nicht nur Surfer, sondern auch Drachenbauer. (Foto: mauritius images)

Der November ist ein schwieriger Monat zum Verreisen. Aber auch in Europa gibt es ein paar Ziele, für die gerade in diesen Wochen die beste Zeit ist.

Von SZ-Autoren

Drachen sehen - beim Cometas-Festival auf Fuerteventura

Der Ort: Die zweitgrößte der Kanarischen Inseln gehört politisch zu Spanien und geografisch zu Afrika. Sie liegt nur etwas mehr als 100 Kilometer vor der marokkanischen Küste beziehungsweise der Westsahara.

Warum gerade jetzt? Die Temperaturen auf Fuerteventura sind das gesamte Jahr über angenehm mild und betragen meist zwischen 20 und 25 Grad Celsius. Das Meer ist erfrischend, die starken Passatwinde halten die Saharaglut fern - es sei denn, es herrscht Calima, eine besondere Wetterlage mit Ostwind, die Backofenhitze voller Wüstensand übers Meer trägt und auf die Atemwege schlägt. Im November ist der Atlantik mit etwa 20 Grad immer noch warm genug zum Baden. Und es gibt keine näherliegende Option, um vor dem nasskalten deutschen Herbst in den permanenten Frühling zu flüchten: Der Flug dauert nur viereinhalb Stunden. Außerdem findet vom 9. bis 12. November wieder das Drachentreffen Festival Internacional de Cometas statt. Im nunmehr 30. Jahr dieser Veranstaltung kommen Hunderte Fans papierner Lenkdrachen im Wanderdünengebiet El Jable bei Corralejo im Nordosten Fuerteventuras zum Fachsimpeln und Feiern zusammen.

Was bringt's? Schöner kann Wind nicht anzusehen sein als unter den Cometas. Das naturgeschützte, acht Kilometer lange und bis zu vier Kilometer breite Wanderdünengebiet flimmert in der Sonne, als wäre es nicht von dieser Welt. Seine gleißenden Körnchen waren einmal Muschelschalen und Schneckengehäuse. Und wenn darüber noch knallbunte, aufwendig gestaltete Drachen stehen, ist der surreale Eindruck perfekt. Zum einen ist das Festival eine fantastische Gelegenheit, mit schrulligen Bastlern ins Gespräch zu kommen. Andererseits ist es eine gute Inspiration dafür, selbst dem Wind zu folgen und sich treiben zu lassen über eine sehr touristische Insel, die aber auch ihre wunderbaren, wilden Ecken hat.

Jochen Temsch

Glücklich abhängen - Auf Kalymnos ist jetzt Klettersaison

Nur für Spinnenmenschen: eine von 2500 Routen, die auf der Insel in den Fels gebohrt wurden. (Foto: imago/Westend61)

Der Ort: Griechische Insel der Dodekanes-Gruppe in der Südlichen Ägäis, früher Hochburg der Schwammtaucher, jetzt der Kletterer.

Warum gerade jetzt? Wenn auf den Badeinseln in der Ägäis die Saison abebbt, geht es auf Kalymnos erst richtig los. Der Herbst ist, zusammen mit dem Frühling, die beste Zeit zum Klettern. An den beliebtesten und am schnellsten erreichbaren Routen muss man manchmal Schlange stehen. Im November aber wird es schon ruhiger. Und das Meer ist immer noch warm genug zum Baden - zumindest wenn man verschwitzt von den Felsen zurückkommt.

Was bringt's? Gebräunte, sehnige Arme. Und extrem gute Laune. Denn entspannter kann ein Sporturlaub kaum sein. Morgens tuckert man auf dem Roller zu den Felswänden, vorbei an weiß getünchten Häusern und blühenden Bougainvilleen. Wer bisher nur in überfüllten städtischen Kletterhallen herumgekraxelt ist, wird sein Glück nicht fassen: Mehr als 2500 Routen wurden auf Kalymnos in den Kalkstein gebohrt, von Anfängerrouten bis zu halsbrecherischen Überhängen für Spinnenmenschen. Wenn man den Kopf ein wenig dreht, blickt man hinunter aufs Meer. Und weil es keinen Rettungshubschrauber gibt, sind die Bohrhaken aus Sicherheitsgründen nur zwei Meter voneinander entfernt. Sehr beruhigend für Einsteiger.

Wen all das nicht in den Fels zu locken vermag, der kurvt einfach eine Zeit lang über die Hügel der Insel, schnuppert dabei den Duft des wilden Thymians, macht Pause und trinkt Kaffee und Ouzo in einer Taverne an einer ruhigen Kiesbucht. Oder er schaut im Nautischen Museum am Hafen in Pothia vorbei und lässt sich die Geschichte der Schwammtaucher erzählen, der Helden des alten Kalymnos. Die neuen Helden trifft man dann abends wieder, bei Fisch und Calamares vom Grill.

Florian Sanktjohanser

Ideen für den Resturlaub
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Von Irene Helmes und Katja Schnitzler

Ski fahren - Gletscher sind die beste Wintervorbereitung

Der Ort: Es gibt nicht nur einen Ort. Es sind viele Orte, an denen Ski fahren Anfang November möglich ist. Gemeinsam ist all diesen Alpenorten ein Gletscher. Beispiele? In der Schweiz wären da die Eisflächen bei Saas-Fee und Zermatt, in Südtirol der Schnalstaler Gletscher und in Österreich der Mölltaler, Hintertuxer oder auch der Stubaier Gletscher.

Warum gerade jetzt? Dafür gibt es mehrere Gründe. Erstens: Sonne. Der Nebel liegt besonders gerne im Tal und schafft es oft nicht bis hinauf zu den Gletschern. Zweitens: wenn nicht jetzt, wann dann? Im Hochwinter findet sich nur selten ein wichtiger Grund, bis zu den Gletschern am Ende eines Tales zu kurven, weil dann die niedrigeren Skigebiete am Anfang eines Tales geöffnet haben. Drittens: sich auf den Skiwinter vorbereiten. Leider ist das auch der Hauptgrund für enorm viele professionelle, halbprofessionelle und gar nicht professionelle Rennteams, die mit ihrem Training einen Teil der Pisten blockieren. Was zu viertens führt: die erste Skitour. Weg vom Pistenbetrieb der (Halb-)profis führt beispielsweise der Weg auf die Wildspitze (3770 Meter) am Pitztaler Gletscher oder auch jener hinauf zum Zuckerhütl (3507 Meter) am Stubaier. Außerdem - fünftens - frisst die Gletscherschmelze den Gletscherskigebieten mittelfristig den Boden unter den Füßen weg. Zumindest diesen und nächsten November sollte es sich aber noch ausgehen.

Was bringt's? eine unverschämte Spätsommerbräune, eine beneidenswerte Frühwinterform. Beides hängt von Wetter und Aktionsradius ab. Wer weder Lust auf Bräune noch Frühform hat, kann am Hintertuxer Gletscher eine Eishöhle besuchen oder am Pitztaler auf 3440 Meter einfach nur einen Kaffee trinken. Was es jedoch bringt, auf dem Kaunertaler Gletscher am "Shoot your half mile Jib Line Award 2.0" teilzunehmen, können freilich nur die beantworten, die das auch verstehen.

Dominik Prantl

Im Wind stehen - Aus Usedom kehrt man entspannt zurück

Der Ort: Nordöstlicher geht's nicht mehr in Deutschland: Durch die Insel Usedom verläuft die Grenze nach Polen, im Süden liegt das Stettiner Haff mit Fischeridyll und einer reichen Vogelwelt, im Norden die Ostsee mit herrlichen weißen Sandstränden. Und, was die Menschen aus dem Süden verwundern mag: Usedom ist laut Statistik einer der sonnenreichsten Orte der Republik.

Warum gerade jetzt? Jetzt ist die Zeit für lange einsame Strandspaziergänge, die Zeit, sich in den Wind zu stellen, Kindern beim Drachen steigen lassen zuzusehen. Nun ist auch die Zeit, die prächtige Bäderarchitektur von Bansin, Ahlbeck und Heringsdorf zu besichtigen. Denn wenn die Bäume keine Blätter mehr tragen, lassen sich die teils extravaganten Villen, die sich das Berliner Großbürgertum um die vorvergangene Jahrhundertwende dort hingestellt hat, unverhüllt betrachten. In Heringsdorf kehrt man im Usedomer Brauhaus auf ein naturtrübes Inselbier ein. Dort hat ein oberfränkischer Braumeister das Sagen, was stets Gutes verheißt. Im November und Dezember gibt es dazu Gans- und Wildspezialitäten. Oder man geht zum Fischessen auf die historische Seebrücke, sitzt überm Wasser und sieht den Wolken beim Vorbeiziehen zu.

Was bringt's? In der Nachsaison haben viele Hotels Angebote. Praktisch alle bieten Spa- und Wellness-Pakete - man kommt also womöglich schöner, auf jeden Fall entspannter nach Hause. Und wer sich traut, kühlt sich nach der Sauna in der Ostsee ab. Man tritt dann die Heimreise abgehärteter an - oder erkältet.

Ingrid Brunner

Gut essen - Im Piemont sind jetzt die Trüffeln reif

Der Ort: das Bermudadreieck der Feinschmecker. Es liegt im Piemont, zwischen Alba, Asti und Turin. Nicht umsonst wurde hier 1986 die Slow-Food-Bewegung gegründet, kaum woanders in Italien kann man besser essen und trinken.

Warum gerade jetzt? Der Herbst ist die Zeit, in der nicht nur die weltbekannten Weine der Gegend wie der Barolo oder der Barbaresco gekeltert werden, sondern in der sich Männer und Hunde mit guten Nasen auf die Suche nach den Trüffeln machen. Besonders geschätzt wird der weiße Alba-Trüffel, der den feinsten Geschmack hat und die höchsten Preise erzielt. In Alba, einer schönen Stadt mit Arkadengängen, barocken Kirchen und backsteinernen Geschlechtertürmen, findet noch bis 26. November an den Wochenenden die internationale Messe des weißen Alba-Trüffels statt. Im Zentrum der Veranstaltung steht ein großer Trüffelmarkt, auf dem die stark duftenden weißen, aber auch schwarzen Knollen zur Verkostung angeboten werden. Es gibt dazu aber auch eine Vielzahl von anderen Ständen, die von der piemontesischen Haselnuss über frische Pasta, Käse und Salami bis hin zu den Weinen und Destillaten der sanfthügeligen Regionen von Langhe, Roero sowie dem Monferrato so ziemlich alles anbieten, was das Wasser im Mund zusammenlaufen lässt. Geführte Food- und Wein-Touren durch die Altstadt von Alba gibt es noch bis 11. November.

Was bringt's? Jede Menge guten Geschmack und einen Kofferraum voller piemontesischer Produkte, die zu Hause dann ganz slowfoodmäßig den langen Winter abmildern.

Hans Gasser

Wein verkosten - Südtirol ist im Herbst oft noch herrlich mild

Der Ort: In diesem Fall kein Ort, sondern eine ganze Region. Vom Ridnauntal kurz hinter dem Brenner bis zum Kalterer See im Süden. Wo es am schönsten ist? Ganz schwer zu sagen.

Warum gerade jetzt? Zu den immateriellen Urlaubsfreuden gehört für viele die Schadenfreude, wenn das Wetter zu Hause scheußlich ist, während man selber unter blauem Himmel in der Sonne sitzt. Für diese Schadenfreude gibt es in Südtirol im November zwar keine Garantie. Wenn man Pech hat, drückt das berüchtigte Genua-Tief Wolken und Regen gegen die Berge. Und in München treibt der Föhn die Temperaturen hoch. Blöd gelaufen. Aber die Erfahrung vieler Jahre zeigt, dass es meist genau umgekehrt ist und man auf der Alpensüdseite dem Wetterglück vertrauen kann. Und dann ist Südtirol die angenehmste - und kürzeste - Variante, dem grauen November zu entfliehen. Kein nerviges Warten an irgendeinem Check-in-Schalter, kein ewig langer Flug, eingezwängt wie eine Sardine, zu einer Ferndestination ins Pauschi-Hotel. Einfach ins Auto oder in den Zug setzen und los. Unterkünfte gibt es in jeder Preis- und Komfortklasse, und der große Trubel der Wandersaison ist auch schon vorbei.

Was bringt's? Klar, Südtirol ist eigentlich immer schön. Aber jetzt ist die Luft besonders klar, und wenn das Wetter mitspielt, ist die Schneefallgrenze weit entfernt und viele Wanderwege lassen sich noch gut begehen. Auch kulinarisch gibt es noch einen Extra-Tupfer. Denn jetzt ist Törggelen-Zeit, wo der junge Wein verkostet werden kann.

Peter Fahrenholz

© SZ vom 02.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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