Quallenplage in Frankreich:Angriff der Schwabbelmonster

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Die meterlangen Tentakeln sehen aus, als seien sie einem Fluch-der-Karibik-Film entsprungen: An der französischen Atlantikküste werden giftige "Portugiesische Galeeren" angespült. Viele Strände sind gesperrt, um weitere Opfer zu vermeiden.

Stefan Ulrich, Paris

Das Meer meint es nicht gut mit Frankreich in diesem Sommer. An der Côte d'Azur steigt die Wassertemperatur kaum über 20 Grad, in der Bretagne bedrohen Algenmassen die Badebuchten, und nun werden auch noch die Sandstrände der Gironde von einer maritimen Plage heimgesucht. Physalia physalis lautet der lateinische Name der gallertartigen, blau-violett schimmernden Geschöpfe, die aussehen, als seien sie einem Fluch-der-Karibik-Film entsprungen.

Der Kontakt mit ihnen ist äußerst schmerzhaft und führt zu Hautrötungen, die wie Spuren von Peitschenhieben aussehen: Viele Strände der Gironde werden derzeit von der Physalia physalis heimgesucht. (Foto: dpa)

Normalerweise treiben die bizarren Scheinmedusen in warmen Zonen des Pazifiks oder Atlantiks. In diesem Jahr aber segeln sie an den Küsten vor Bordeaux an. Deswegen mussten nun Badeverbote verhängt werden.

Am Montag traf es Lacanau-Océan, das mit seinem scheinbar endlosen Strand und den beeindruckenden Wogen Wellenreiter aus aller Welt anlockt. Der Wind trieb an diesem Tag viele Physaliae an, die wegen der Form ihres Schwimmkörpers auch "Portugiesische Galeeren" genannt werden. Sie sind giftiger als die meisten anderen Quallenarten.

Der Kontakt mit den zum Teil meterlangen Tentakeln ist äußerst schmerzhaft und führt zu Hautrötungen, die wie Spuren von Peitschenhieben aussehen. In etwa zehn Prozent der Fälle kommt es zu gefährlichen Reaktionen wie schweren Atembeschwerden und Muskelkrämpfen. Die Strandwächter reagierten rasch. "Wir hissten sofort die rote Flagge, um das Baden zu stoppen", sagte einer von ihnen. "Wir wollten unbedingt weitere Opfer vermeiden."

In diesem Sommer sind an der französischen Atlantikküste schon etwa 1000 Zusammenstöße mit den Galeeren gemeldet worden. Diese Schwebewesen gehören zu den "Staatsquallen", weil sie aus einer Vielzahl von Polypen bestehen, die sich zu einem System zusammenschließen. Ein Polyp bildet den Schwimmkörper, andere formen die Tentakel oder kümmern sich um die Fortpflanzung.

Kampf gegen Algen in der Bretagne geht weiter

Am Dienstag waren die Galeeren aus Lacanau verschwunden, dafür tauchten sie nun in Le Porge auf. Auch dort musste das Baden vorübergehend verboten werden. Vom Wind und den Strömungen wird es abhängen, wo Physalia physalis demnächst anlandet.

"Dieses massive Auftreten ist völlig außergewöhnlich", sagte Pascal Rouillé, Chef der Strandwächter von Lacanau. In normalen Jahren sehe er nur ein oder zwei Exemplare. Die Wissenschaftler rätseln, warum die Schwabbelwesen jetzt so häufig antreiben. Manche vermuten, dies könne mit dem Klimawandel zusammenhängen.

In der Bretagne geht derweil der Kampf mit salatartig aussehenden Algen weiter, die beim Verrotten gefährliche Gase bilden. Umweltministerin Nathalie Kosciusko-Morizet ordnete jetzt Strandverbote an: "Es darf kein Strand mehr besucht werden, an dem die Algen nicht alle 24 Stunden eingesammelt werden." Einem Forscher zufolge könnten bis zu 50 Strände betroffen sein.

© SZ vom 11.08.2011/afis - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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