Norditalien: Lombardei:Die Eigenheiten der Bergamasker

Carrara erinnert sich noch, als Mimmo, ein Süditaliener, 1956 die erste Pizzeria in der Città Alta eröffnet hat, nur wenige Häuser neben seiner Werkstatt. "Der wurde nicht gerade mit offenen Armen aufgenommen." Er habe seine Pizza jedoch gleich bei ihm gegessen. "Da Mimmo" gibt es immer noch, es ist eines der besten Restaurants der Stadt mit einem sehr schönen Hinterhof. Hier gibt es Pizza mit Büffelmozzarella genauso wie die eher deftigen Spezialitäten der bergamasker Küche, die viel mit Polenta, gegrilltem Fleisch und Käse zu tun haben.

Norditalien: Lombardei: Der Platz vor dem Dom und der Kirche Santa Maria Maggiore

Der Platz vor dem Dom und der Kirche Santa Maria Maggiore

Man sei halt ein Bergvolk, sagt Carrara, das über Jahrhunderte aus den armen Tälern in die großen Städte wie Mailand oder Venedig ausgewandert ist, um sich dort als Diener oder Handwerker zu verdingen. Der Arlecchino etwa, den er als Handpuppe im Schaufenster liegen hat, sei mit seinem bunten, aus Flicken zusammengesetzten Gewand ein waschechter Bergamasker, der in Venedig Arbeit suchte und über dessen hinterwäldlerische Art man sich gut lustig machen konnte.

Einschüchternde Palazzi

Dabei zeugt die Stadt Bergamo nicht gerade von Armut. Die Palazzi sind einschüchternd breit und hoch, oft mit aufgesetzten Türmen, die die Macht der Familien symbolisierten. Jener der Familie Suardi steht an der Piazza Vecchia und ist heute der Campanone genannte Stadtturm, dessen Glocken abends um zehn 100 Mal schlagen - ein eindrückliches Spektakel.

Und gleich hinter der Piazza Vecchia, wenn man unter den Arkaden des gotischen Rathauses durchgeht, steht am kleinen Domplatz ein Ensemble aus kirchlichen Bauwerken, auf das viele größere Städte Italiens neidisch sein dürften: Der alte Dom mit seiner weißen Neo-Renaissance-Fassade ist noch das unspektakulärste. Die romanische Kirche Santa Maria Maggiore mit ihrem von Marmorlöwen getragenen Eingangsportal, eine gotische Taufkapelle und die Capella Colleoni, das Prunk-Mausoleum eines Söldnerführers aus dem 15. Jahrhunderts, bilden einen Platz, der schon öfter als Set für Historienfilme diente.

Restaurant im ehemaligen Gefängnis

Mehr in der Gegenwart lebt Aldo Ghilardi. Der ehemalige Kommunist hat die Kooperative "Circolino" gegründet, die in einem aufgelassenen Gefängnis ein Restaurant betreibt. Der Gastgarten ist riesig, man schaut von dort auf die immer noch vergitterten und von Efeu überwucherten Fenster des Knasts, dahinter sind die Berge zu sehen. "Wir wollten hier den Alten die Möglichkeit geben, den ganzen Nachmittag Boccia oder Karten zu spielen, ohne Pflicht zur Konsumation", sagt Ghilardi. Das dürften sie in den schicken Bars der Altstadt nicht.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: