Mitnehmsel für die Reise:Der Intim-Aufkleber

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Mit dem Aufkleber für die empfindlichsten Körperstellen schützen Nutzer ihre Privatsphäre und senden gleichzeitig eindeutige Botschaften.

Jochen Temsch

Es gibt Dinge, ohne die ist eine Reise von Grund auf verhunzt. Spätestens am Urlaubsort merkt man, dass nichts rund läuft, wenn sie fehlen. Solche Reisebegleiter sind eine höchst individuelle Sache. Meistens finden unsere Mitreisenden diese Dinge sogar ziemlich albern und verkennen ihren Wert. Ein Grund mehr, hin und wieder solche unersetzlichen Utensilien vorzustellen.

(Foto: N/A)

Eines hat der prüde Tourist mit dem bösen Terroristen gemeinsam: Er will keine allzu neugierigen Blicke auf sich ziehen, insbesondere am Flughafen, schon gar nicht in einem Körperscanner, volkstümlich Nacktscanner genannt.

Die duschkabinenähnlichen Durchleuchtungskammern, seit Ende September auch in Deutschland im Testbetrieb, können Waffen, Sprengstoff und nebenbei auch intimste Details abbilden. Jedoch soll der Kontrolleur am Bildschirm nur ein schemenhaftes, geschlechtsloses Wesen erkennen, das an Schlossgespenst Hui Buh erinnert, wie Bundesinnenminister Thomas de Maizière beim Start der Testphase in Hamburg demonstrierte. Abgesehen von dem Fehlalarm, den der Körperscanner dabei gleich beim ersten Einsatz auslöste, und der Skepsis von Experten der Polizei, die bezweifeln, ob der Beschuss der Passagiere mit elektromagnetischen Wellen überhaupt etwas bringt, bleibt noch ein ganz anderes Unbehagen: Wer garantiert, dass am Ende nicht doch jemand hinter den Kulissen sitzt und den klaren Durchblick auf alle Einzelheiten hat, die normalerweise selbst dem Sonnenlicht verborgen bleiben - und die scharf konturierten Daten womöglich sogar speichert?

In den schamhaften USA, wo schon das Wechseln eines Bikini-Oberteils am Strand als Erregung öffentlichen Ärgernisses gilt, erhitzen solche Bedenken schon länger die Phantasien. Das Ergebnis ist nun: die Neuerfindung des Feigenblatts.

Das Unternehmen Flying Pasties wirbt mit optisch undurchdringlichen, mehrfach verwendbaren Gummi-Aufklebern für die "private areas" und "unmentionables", die unaussprechlichen Körperteile der durchsichtig gemachten Reisenden. Das Basis-Set für die Dame besteht aus zwei runden und einem ins Dreieckige gehenden Sichtschutz, zusammen für umgerechnet sechs Euro zu haben. Für den Herrn gibt es einen länglichen Lendensticker. Für besonders Sendungsbewusste sind auch Modelle mit Peace-Zeichen-Aufdruck im Angebot oder mit dem Bekenntnis "only my husband sees me naked", "nur mein Ehemann sieht mich nackt".

Per Klebestreifen werden die Pasties - wörtlich übersetzt "Pasteten, der Begriff stammt aus dem Kostümfundus von Striptease-Tänzerinnen - in der Unterwäsche befestigt. Gleichzeitig weist der Hersteller jedoch darauf hin, dass alle Pasties-Träger mit den Sicherheitskräften am Flughafen kooperieren und auf deren Verlangen blankziehen sollen - damit sie keinesfalls für Tarnlappen-Bomber gehalten werden.

Ob die Dinger funktionieren und ob man seine Intimsphäre überhaupt derart bedecken darf, wenn der Staat doch Einblick nehmen möchte, ist ungeklärt. Jedenfalls sind die Pasties immer noch appetitlicher als Kleider aus rohem Fleisch, wie sie etwa Pop-Ulknudel Lady Gaga trägt.

Britische Journalisten wollen herausgefunden haben, dass Waffen im Scanner unsichtbar sind, wenn man sie unter frischen Schnitzeln verborgen am Körper trägt. Doch egal, ob man der Striptease-Wissenschaft oder Metzgermethoden anhängt, eines sollte man nie vergessen: Es geht doch immer nur um ganz, ganz viel mehr Sicherheit und Freiheit.

© SZ vom 7.10.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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