Reisebuch "Bilderbuchland":Heimat in Pink

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Lennart Menkhaus illustriert vielfältige Szenen aus Deutschland. In Summe entsteht ein manchmal typisches, manchmal eigenwilliges Bild.

Rezension von Stefan Fischer

Grün und Rot - auf diese beiden Farben verzichtet der Illustrator Lennart Menkhaus konsequent in seinem Band "Bilderbuchland". Kein Baum, keine Wiese, kein korrodiertes Reiterstandbild weist einen Grünton auf. Ebenso schimmert kein Hausdach, keine Blume, keine Leuchtreklame rötlich. Deutschland ist in diesem Buch konsequent in Erdfarben grundiert, die Palette reicht von Beige über Senf- und Ockergelb bis hin zu Orange und helleren Brauntönen. Und dennoch knallen einem die Illustrationen entgegen, weil nämlich Menkhaus diese gedeckten Farben kontrastiert mit tiefschwarzen Schatten, grellem Weiß, vor allem aber mit beinahe schon neonfarbenem Pink und Hellblau.

Menkhaus schafft auf diese Weise besondere Lichtstimmungen. Und er kreiert dadurch eine spezifische Atmosphäre für jeden Ort, den er porträtiert. Kälte und Wärme, Ruhe und Trubel, Spannung und Gelassenheit drücken sich weniger in den Motiven als in der Farbgebung seiner Illustrationen aus. Obwohl man beispielsweise in der Gelsenkirchen-Szene einen Fußballfan nur von hinten sieht, seine Mimik also verborgen bleibt, und es auch sonst keinen eindeutigen Hinweis gibt, entsteht der Eindruck, dass die Mannschaft dieses Fans, Schalke 04, an diesem Wochenende verloren hat.

Auch sehr deutsche Gerichte kommen vor, so der im Harz beliebte Runx Munx

Wobei Menschen nur am Rande eine Rolle spielen. Man sieht sie gelegentlich am Strand, in Clubs oder beim Skifahren, jedoch nie bei der Arbeit. Und die Mehrzahl der Bilder kommt ganz ohne sie aus. Vielmehr stehen einzelne Bauwerke und Stadtensembles, Landschaften sowie immer wieder üppig gefüllte Teller im Zentrum der jeweiligen Illustrationen, in denen Menkhaus Konturlinien nur sehr sparsam einsetzt. In Summe ergeben die grafischen Bilder ein irgendwie typisches und doch auch eigenwilliges Deutschlandbild.

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Da ist zum einen das Erwartbare: der Kölner Dom, das Oktoberfest, die Saarschleife. Daneben aber genauso das Überraschende: Um etwas über die Automobilindustrie zu erzählen, hat Lennart Menkhaus Zwickau gewählt als einen zentralen Standort in den Anfängen des Fahrzeugbaus. In kulinarischen Szenen widmet er sich teilweise Gerichten, die in den jeweiligen Regionen verblieben sind, für die sie typisch sind, voran dem im Harz beliebten Runx Munx, für den Weißkohl, Steckrüben und Schmorwurst unverzichtbar sind.

Teilweise steckt in den Illustrationen auch anspielungsreiche Komik: Die altehrwürdige Universitätsstadt Heidelberg ist mit ihrem historischen Studentenkarzer vertreten. Lübeck wiederum mit dem Holstentor in Pink - so wie es Andy Warhol gemalt hat. Und Menkhaus, Jahrgang 1991, nimmt immer wieder auch die Gegenwart in den Blick: einen Skaterpark in Frankfurt, eine Diskothek in Bochum, die Eisbachsurfer in München.

Sein Buch ist nicht frei von Fehlern - die Porta Nigra in Trier ist ein antikes und nicht ein mittelalterliches Tor, auf dem Königssee dürfen sehr wohl Boote fahren - auf dem Bild zum falschen Text ist sogar eines abgebildet -, sie müssen nur einen Elektroantrieb haben, und der Strelasund verbindet Rügen nicht mit dem Festland, sondern trennt ihn just davon. Es sind dann tatsächlich auch die Illustrationen, die den Reiz von "Bilderbuchland" ausmachen, nicht die Texte dazu.

Lennart Menkhaus : Bilderbuchland. Eine illustrierte Reise durch Deutschland. Conbook Verlag, Neuss 2021. 128 Seiten, 19,95 Euro.

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