Marokko:Golfrausch in Marrakesch

Lesezeit: 4 min

Goldenes Geschäft in der Wüste: Europäische Spieler reisen in die rote Stadt, um auf dem Grün zu stehen.

Jörg Müller-Brandes

Marrakesch hat einen grünen Traum: Ganz Europa soll hierher zum Golfspielen kommen.

Weit von der Wirklichkeit ist dies nicht, Marokkos rote Stadt hat sich für die Zukunft viel vorgenommen: "Wenn wir hier den europäischen Golf-Boom nicht nutzen - wo dann?", fragt Mountassir Boullal vom Regionalen Tourismusbüro (CRT) in Marrakesch.

Er und seine Kollegen wollen Marrakesch in die Liga der Top-Golfziele führen - und reiben sich bereits die Hände. Im Visier haben die Tourismusstrategen besonders den alten Kontinent.

Das Potenzial dort ist riesig: Von den weltweit 16 Millionen Golfern schlagen elf Millionen in Europa ab. Als Urlauber sind sie heiß begehrt. Kein Wunder, immerhin gibt der durchschnittliche Golfer nach Expertenschätzungen 30 Prozent mehr aus als der klassische Tourist.

Schon jetzt ist die Perle des Südens, die einmal Andalusiens Hauptstadt war, der Star unter Marokkos Städten.

Mit einer durchschnittlichen Wachstumsrate von sieben Prozent lässt Marrakesch alle anderen Kapitalen des Königreichs klar hinter sich. Mehr als 1.440.000 Hotelgäste sowie knapp 5.334.000 Übernachtungen haben im vergangenen Jahr die einsame Spitzenposition unter den Touristenzielen im Land bestätigt.

Trotz des rasanten Wachstums bleibt für Atempausen keine Zeit. "Die Konkurrenz ist global", weiß Mounir Chraïbi, Gouverneur der Region. "Die Touristen vergleichen Marrakesch mit Granada, Sevilla oder Venedig."

Doch Chraïbi hat im internationalen Wettbewerb ein Ass im Ärmel: Die Tagesgebühren, die so genannten "Greenfees", der drei Plätze vor Ort liegen durchschnittlich bei knapp 40 Euro - und damit unter dem Preisniveau der meisten europäischen Greens. Gleichzeitig erfüllen sie alle Qualitätstandards des alten Kontinents.

Dort, wo der einstmalige Reichensport spätestens seit Tiger Woods zum Breitensport für immer jüngerere Spieler geworden ist, haben sich diese Vorzüge längst herumgesprochen. Immer mehr Golf-verrückte Franzosen, Engländer, Italiener, Holländer, Deutsche stürmen die drei recht unterschiedlichen Greens in Marrakesch. Etwa 40.000 Golfer tummelten sich dort im vergangenen Jahr. Tendenz steigend.

Längst liegen in den Schubladen von Behörden und - zumeist amerikanischen - Großinvestoren die Pläne für vier weitere Plätze. Weitere Projekte warten auf ihre Genehmigung. Und: Alle drei bestehenden Greens in Marrakesch sollen erweitert werden.

"Unsere Kapazitäten sind angesichts der steigenden Gästezahl völlig erschöpft", stöhnt Maryse Denjean, Chefin des traditionellen Royal Golf. Hier trugen schon Winston Churchill und Ike Eisenhower ihre Partien aus, heute kommen Prominente wie Sean Connery - besonders während des internationalen Filmfestivals.

Marokko
:Bilder aus dem Königreich

Ein Königreich für eine Reise. Marokkos Teehäuser, Wüsten und Basare.

Im Juni haben die Arbeiten zur Erweiterung des zweitältesten Platzes Marokkos von 18 auf 27 Löcher begonnen.

Und auch der luxuriöse Golf Amelkis, auf dem internationale Prominenz spielt, hat eine Erweiterung um neun Löcher sowie den Bau weiterer Gästehäuser vorgesehen.

Das Palmeraie Golf Resort - ein Allroundplatz für die ganze Familie - will seine 18 Löcher zunächst auf 27, später auf 36 Löcher erweitern.

Die Konkurrenz der vier geplanten neuen Greens in Marrakesch schreckt die etablierten Golfanbieter nicht. Im Gegenteil: "Der Bau neuer Plätze ist absolut notwendig - auch für die bestehenden Golfplätze", so Maryse Denjean. Denn: "Erst durch sie kann Marrakesch zu einer echten internationalen Golf-Destination werden. Und davon profitieren wir schließlich alle."

Und dies ist nur eine Frage der Zeit, glaubt auch Stephane Talbot, General Manager des Palmeraie Resorts. "Das Wüstenklima mit seiner trockenen Wärme ist ideal. Gleichzeitig ist die Stadt sehr sicher und bietet einen hohen Spaßfaktor. Du spielst morgens Golf und am Nachmittag willst du die Kultur von Marrakesch erleben."

In der Tat ist Marrakesch gefragt: Immer mehr Besucher kosten das vielseitige Erlebnisangebot der Maghreb-Metropole aus. Bis 2008 rechnen die Tourismusexperten mit 2,5 Millionen Gästen jährlich - nicht zuletzt wegen des Golfangebots.

"In Marrakesch könnten alle drei Golfplätze zusammen jede Woche 10.000 Gäste haben", schätzt Talbot.

Längst rüstet sich die Perle des Südens für den Boom: Der Flughafen, dessen Aktivität im vergangen Jahr um 30 Prozent in die Höhe schoss, bekam Anfang dieses Jahres einen neuen Terminal. Schon 2005 tummelten sich hier im Schnitt doppelt so viele Passagiere wie auf den restlichen Airports des Landes.

Gleichzeitig entsteht Hotel um Hotel, Wohnungskomplexe schießen aus dem Boden. Bis 2010 sind etliche weitere Projekte beschlossen: 159 Projekte mit einer Kapazität von mehr als 22.500 Betten werden in der Region bis 2010 entstehen: 47 Touristenkomplexe, 28 Touristenresidenzen, 43 Hotels, 283 Riyads, 63 Gästehäuser und ein Touristenclub.

Und auch die vier geplanten Golfplätze werden nicht das Ende sein. "In den nächsten paar Jahren wird es hier insgesamt mindestens zehn Golfplätze geben, da bin ich sicher", meint Talbot.

Damit könnte er richtig liegen. Denn die rote Stadt profitiert gewaltig von der Image-Offensive des Reform-Königs Mohammed VI, der 1999 das Thronerbe seines Vaters antrat und nun dessen Golf-Vermächtnis zu verwalten hat: In seiner langen Regentschaft hatte der verstorbene Monarch sein königliches Hobby zum Nationalsport der besitzenden Klasse in dem 30-Millionen-Einwohner-Staat gemacht - und 17 Golfplätze im ganzen Land hinterlassen.

Heute ist sein Sohn auf den Wirtschaftsfaktor Golf dringend angewiesen. Für sein ehrgeiziges Ziel von zehn Millionen Touristen jährlich bis 2010 spielt der Sport eine Schlüsselrolle. Längst hat der junge König eine gigantische Werbelawine ins Rollen gebracht.

Allein für Promotion-Maßnahmen sind für das laufende Jahr landesweit rund 1,4 Millionen Euro vorgesehen. Klotzen statt kleckern lautet auch die Devise des Nationalen Marrokanischen Tourismusbüros (ONMT): Bis 2010 sehen dessen Pläne landesweit eine Verdreifachung der Golftouristen-Zahl von 57.000 (2004) auf 172.500 vor. Dies soll dem Königreich 170 Millionen Euro bescheren.

"Und das", so Kamil El Kholti, Marketing-Chef der Königlichen Marokkanischen Golfförderation, "wird auch Marrakesch eine zusätzliche Sogwirkung verleihen. Ich bin überzeugt, dass die Stadt das Zeug zu einem Golfziel der internationalen Spitzenklasse hat." Der grüne Traum geht weiter.

Anreise:

Direktflüge gibt es seit Ende Oktober von Frankfurt/Hahn mit Ryanair und seit Anfang November von Stuttgart mit Hapagfly.

Weitere Informationen:

Marokkanisches Fremdenverkehrsamt, E-Mail marokkofva@aol.com, www.marokko.com

© sueddeutsche.de - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: