Flugverkehr:Listen gegen technische Tücken

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Die Vielzahl schwerer Flugzeugunfälle im August hat das Vertrauen in die Technik erschüttert. Nun haben Frankreich und Belgien reagiert und die Namen unsicherer Fluglinien bekannt gegeben. Die EU möchte bis Jahresende ebenfalls eine "schwarze Liste" veröffentlichen.

Sibylle Haas

Das Bürgertelefon des Luftfahrt-Bundesamtes in Braunschweig steht kaum noch still. "Es informieren sich viel mehr Menschen als sonst über die Sicherheit der Fluggesellschaft, mit der sie eine Reise planen", sagt eine Sprecherin des Amtes. Die Behörde ist für die Sicherheit im deutschen Flugverkehr zuständig. Sie entzieht Fluggesellschaften die Landeerlaubnis, wenn deren Maschinen technische Mängel aufweisen. Dies war etwa bei dem türkischen Ferienflieger Onur Air im Mai der Fall.

Mit so genannten schwarzen Listen haben nun Frankreich und Belgien auf die Sorgen ihrer Bürger reagiert. Seit Montag veröffentlichen beide Länder die Namen der Luftfahrtfirmen, für die sie Start- und Landeverbote verhängt haben. In Frankreich stehen fünf Unternehmen auf der Liste (www.dgac.fr), in Belgien neun (www.mobilit.fgov.be), viele kommen aus Afrika.

Vorbild USA

In den USA etwa können sich Passagiere schon länger auf ähnliche Weise informieren. Dort werden Namen von Ländern genannt, in denen die Flugaufsicht nach US-Meinung unzureichend ist. Die Europäische Union will bis Jahresende die Kriterien für gefährliche Fluggesellschaften festlegen, um eine europaweite schwarze Liste herauszugeben. Im Gespräch ist, die Flugsicherheitsagentur EASA in Köln mit der Erstellung zu beauftragen.

Die Bundesregierung lehnt einen nationalen Alleingang ab: "Wir unterstützen die Pläne der EU, die eine Liste mit europaweit verbotenen Fluggesellschaften herausgeben will", erklärt ein Sprecher des Bundesverkehrsministeriums in Berlin. Damit würden einheitliche Kriterien festgelegt, die transparent seien und den Verbraucherschutz verbesserten.

Lufthansa unterstützt Vorhaben der EU

Auch die Deutsche Lufthansa begrüßt die Pläne der EU. Eine europaweite schwarze Liste könne ein Element für mehr Sicherheit in der Luftfahrt sein, sagte Lufthansa-Bereichsvorstand Carsten Spohr. "Ich glaube, die Häufung von Unfällen zeigt, dass die Sicherheitsvoraussetzungen nicht ausreichen", so Spohr, der selbst Pilot ist.

Ähnlich äußert sich der Vizepräsident des deutschen Pilotenverbands Vereinigung Cockpit, Tim Würfel. Aus seiner Sicht sind allerdings einheitliche Sicherheitsstandards und Kontrollen wichtiger als die Nennung gefährlicher Fluggesellschaften. "Flugsicherheit beginnt nicht erst dort, wo eine Einflugerlaubnis entzogen wird.

Diese Airlines stehen den Passagieren dann ohnehin nicht zur Verfügung. Grundvoraussetzung ist, dass die Unternehmen in die Flugsicherheit investieren", betont Würfel. Wenn aus Angst vor schwarzen Listen sicherheitsrelevante Aspekte von den Piloten nicht mehr angesprochen würden, könne dies zu Lasten der Sicherheit gehen.

Der Weltpilotenverband hat skeptisch auf die belgische und französische Initiative reagiert. "Solche Listen helfen nicht weiter", sagte Vize-Präsident Georg Fongern dem Mitteldeutschen Rundfunk (MDR). Diese Maßnahmen gingen auf "Einzelereignisse wie Abstürze" zurück, die jedoch nicht repräsentativ für die Luftsicherheit seien. Notwendig seien vielmehr strengere internationale Sicherheitsstandards. Die derzeit geltenden Kriterien reichten nicht mehr aus und müssten angehoben werden, so Fongern.

© SZ vom 30.8.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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