Es muss nicht einmal etwas schiefgehen, um viel Zeit am Flughafen zu verbringen. Auch wenn der Flieger pünktlich bereitsteht und beim Umsteigen der Anschluss passt, bleiben doch meist ein oder zwei Stunden, in denen wenig mehr zu tun ist, als auf mäßig bequemen Stühlen im Terminal abwechselnd aufs Smartphone oder in die Luft zu starren. Hat ein Flugzeug dann womöglich noch Verspätung oder fällt gar ganz aus - was nach Expertenmeinung auch in diesem Sommer eher häufiger als seltener geschehen wird - zieht sich die Zeit wie der Kaugummi, den man bereits aus purer Langeweile in einem der Shops gekauft hat. Doch es gibt Flughäfen, in denen es sich schöner wartet: acht Beispiele von Stuttgart bis Seoul.
Im Cockpit träumen

Die Fluggesellschaft Transjet gibt es nicht mehr. Plätze an Bord einer Boeing 747-200, die ihr einmal gehört hat, werden jedoch nach wie vor häufig gebucht. Die Maschine steht auf dem Stockholmer Flughafen Arlanda, sie ist vor zehn Jahren in das Jumbo Hostel umgebaut worden mit 76 Betten. Für etwa 40 Euro kann man in einem einfachen Vierbett-Schlafsaal nächtigen, im Cockpit gibt es eine Suite für etwa 170 Euro pro Person. In weniger als zehn Minuten bringt einen ein Shuttle ans Gate, Starts und Landungen werden auf Bildschirme in jedes Zimmer übertragen. Auch wer nicht übernachtet, kann die Boeing besichtigen, in das Café einkehren - und von einem Observationsdeck an der Spitze eines Flügels das Rollfeld überblicken. Stefan Fischer
Einen Totenkopf essen

Ein Totenkopf aus Biogänseleber, Holzasche und Lakritz. Fine Dining für Gruftis oder böses Omen vor dem Abflug? Weder noch, das sei sein bestverkauftes Gericht, erklärt Küchenchef Marco Akuzun, dem noch ein weiteres Kunststück gelingt: Sein Restaurant Top Air am Stuttgarter Flughafen hat seit 27 Jahren einen Stern, und es ist laut Akuzun weltweit das einzige Sternerestaurant auf einem Airport. Mit dem Totenkopf wolle er provozieren. An ihm zeigt sich aber auch, was seine Kochkunst ausmacht: die Liebe zum Detail, die ästhetische Präsentation. International sei sein Stil, wie es sich für einen Flughafen gehöre, mit asiatischen Aromen und Zutaten, leicht und fettarm - um nach dem Mahl ohne Schwierigkeiten abheben zu können. Ingrid Brunner
Starkbier trinken

Wo gibt's denn sowas: eine Bierbrauerei mitten in einem Flughafen, mit einem 600 Menschen fassenden Biergarten samt Kastanien und Glasüberdachung? Egal woher einer kommt, aus Kuala Lumpur oder Iowa - hier erkennt er sofort, wo er gelandet ist: in Bavaria, Germany. Im Airbräu wird unter anderem das helle Fliegerquell gebraucht, ein dunkles Weißbier namens Mayday und zur Starkbierzeit das Aviator. Es gibt deftig Bayrisches zum Essen und manchmal auch zum Hören, so etwa die Combo Rumpfingerbuam. Man kann auch Brauerei-Führungen mit Verkostung buchen. Viele Gäste kommen aus dem Umland - das liegt wohl auch am Preis für die Halbe Bier: 2,95 Euro - und das an einem Flughafen. Hans Gasser
Bücher lesen

Das Kulturprogramm bei einem Städtetrip nach Amsterdam kann bereits am Flughafen Schiphol beginnen - oder dort bei der Abreise ausgedehnt werden bis kurz vor das Boarding. Zum einen unterhält das Rijksmuseum eine Dependance, in der bei freiem Eintritt eine kleine Auswahl holländischer Meister ausgestellt ist. Zum anderen gibt es eine Bibliothek mit Büchern in 41 Sprachen. Wer nicht in letzter Minute ans Gate hetzt oder wer auf ein verspätetes Flugzeug wartet, kann aus 500 Titeln wählen: Literatur findet sich ebenso wie Bildbände, Kinder- und Sachbücher. Entleihen kann man nicht. Aber in einer Box können Passagiere ihre eigenen ausgelesenen Bücher deponieren. Daraus kann sich jeder frei bedienen. Stefan Fischer
An die Quelle gehen

Öffentliche Bäder gibt es in Japan überall. Vulkanische Aktivität lässt heiße Quellen sprudeln. Aber ein Onsen direkt im Flughafen, das ist selbst in diesem Land eine Besonderheit. Der Airport Neu-Chitose bei Sapporo bietet sie im Domestic Terminal. Die Quelle enthält Natriumchlorid, was die Haut sanft macht und gut für die Nerven sein soll - beides nicht schlecht bei dem trockenen Raumklima und der Hektik an einem Flughafen. Zum Entspannen stehen Ruheräume, Gästezimmer und ein Restaurant bereit. Der Eintritt kostet umgerechnet zwölf Euro. Das Beste: Der Onsen ist 23 Stunden lang geöffnet. Man kann also gleich am Beckenrand übernachten, sollte nur ab und zu auf die Uhr schauen, wann der Flieger geht. Jochen Temsch
Am Gate kuscheln

Stress vor dem Abflug, Flugangst, Menschenkoller? Kein Problem im San Francisco International Airport leben Toby, Jenna, Donner. Hundetherapeuten für verunsicherte Fluggäste. Die Hunde kommen, erschnuppern, nein, weder Drogen noch Waffen, sondern die psychische Verfasstheit ihres Gegenübers. Der Mensch darf streicheln. Und fühlt sich gut dabei. Oder weiß zumindest, dass dies die Arbeitsplätze von Toby, Jenna, Donner sichert. Die "Wag Brigade" ist kürzlich sogar um ein Therapie-Schwein erweitert worden, Lilou. Dass man der Schweinedame fürs Foto die Klauen rot lackiert, ihr wahlweise ein Röckchen angezogen oder eine Kapitänsmütze aufgesetzt hat, hätten Tierschützer in Deutschland nicht durchgehen lassen. Aber, hey, Amerika halt! Monika Maier-Albang
Seoul sehen

Von Deutschland aus kann man west- und ostwärts in die Pazifikregion aufbrechen. Westwärts gibt es einen Zwischenstopp in den USA, mit der ganzen enervierenden Zoll- und Immigration-Prozedur mitten in der Nacht, bevor man wieder ins Flugzeug darf. Ostwärts landet man am besten in Seoul. Die Formalitäten am Incheon Airport sind schnell erledigt, die Beamten freundlich. Und statt sich anblaffen zu lassen, haben Stopover-Gäste hier die Möglichkeit, kostenlose Sightseeing-Bustouren durch die Stadt zu buchen. Je nach verfügbarer Zeit gibt es ein- bis fünfstündige Ausflüge, die von kundigen Guides geleitet werden. Auf dem Programm stehen Strände, historische Tempel und Paläste. Erlebnisse statt Transit-Stress. Jochen Temsch
Den Bären begrüßen

Begrüßt wird man in Dohas Flughafen von einem riesigen gelben Teddybären. "Lamp Bear" ist eine Kreation des Künstler Urs Fischer. Man steht ungläubig davor. Was soll das? Kindheitserinnerungen wecken, sagt der Schweizer. Und Katar, das vielkritisierte Emirat am Persischen Golf, verfolgt sicher auch ein Ziel mit der Kunstsammlung im Hamad International Airport: sich weltläufig geben. Auf der Großleinwand reiten schöne Männer auf Araber-Pferden ins Fußballstadion ein, die Frauen dürfen sich abklatschen. Ihre echte Welt überschneidet sich mit der des Flughafens beim Shopping. Für alle anderen Frauen gilt: Hier kann man sich die Zeit gut vertreiben, im Schwimmbad, Fitnessstudio, Spa oder beim Squash. Monika Maier-Albang