Flughafen Liverpool:Check-In mit einer Leiche

Ihr betagter Begleiter schlafe nur, versicherten zwei Frauen dem besorgten Personal am Easyjet-Schalter in Liverpool. Doch die Check-In-Mitarbeiter ließen sich nicht abwimmeln.

Alexander Menden

Zwei Frauen sind am Liverpooler Flughafen verhaftet worden, nachdem sie versucht hatten, einen toten Verwandten unbemerkt mit einem Linienflug nach Berlin zu transportieren.

Das Personal am Easyjet-Schalter des John-Lennon-Flughafens wurde misstrauisch, als der alte Mann, mit dem die beiden deutschen Passagierinnen am vergangenen Samstagmorgen für den Flug nach Berlin-Schönefeld einchecken wollten, keinerlei Lebenszeichen von sich gab. Er war in einem Rollstuhl festgeschnallt und trug eine Sonnenbrille.

Laut einem Polizeisprecher waren die Angestellten der Fluggesellschaft zunächst besorgt um die Gesundheit des Mannes. Seine Begleiterinnen versicherten, er schlafe lediglich. Als sich jedoch herausstellte, dass er nicht atmete, wurde die Polizei hinzugezogen.

Mit dem Taxi zum Flughafen

Eine Untersuchung ergab, dass der 91-jährige Deutsche bereits tot am Flughafen angekommen war. Die 44 und 61 Jahre alten Frauen hatten den Leichnam ihres Verwandten offenbar mit einem Taxi dorthin transportiert. Der Taxifahrer sei von dem Erlebnis "erschüttert", sagte der Polizeisprecher.

Nach ersten Erkenntnissen war der 91-Jährige während eines Besuchs in Oldham bei Manchester eines natürlichen Todes gestorben. Seine Reisebegleiterinnen scheuten offenbar die hohen Kosten und den Verwaltungsaufwand, die mit einer grenzüberschreitenden Überführung verbunden sind. Daher versuchten sie, ihn auf dem bereits gebuchten Flug nach Deutschland zurückzubringen. Sie wurden wegen "unterlassener Mitteilung eines Todesfalles" angezeigt, mittlerweile aber wieder gegen Kaution freigelassen. Eine Gerichtsanhörung soll am 1. Juni stattfinden.

© SZ vom 7.4.2010/dd - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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