Florida: Harry Potter Park:Wutschen und kaufen

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Die Illusion funktioniert zwar perfekt, muss aber teuer bezahlt werden: Ein Besuch in der "Wizarding World of Harry Potter" in Orlando.

Katharina Matzig

Es müsste Vögel regnen, gelbe Ratten oder wenigstens Schweineschwänze. Doch der Himmel spannt sich blau über die kunstschneebedeckten Dächer des Dorfes Hogsmeade, und die Besucher sehen auf den ersten Blick aus, wie sie in Orlando meist aussehen, wenn sie einen der zahlreichen Vergnügungsparks besuchen: entspannt, in Shorts, T-Shirt und Turnschuhen. Ihre Verwandlung geschieht schleichend: Erst hüllen sie sich in wallende Umhänge, dann setzen sie rote Mützen auf, bestickt mit einem goldenen Löwen, so, als ob es plötzlich eisig kalt geworden wäre im schwülen Florida.

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Die Zauberwelt des Harry Potter darf nun jeder betreten - sie hat in Orlando ihre Pforten eröffnet. Doch kann ein Besuch teuer zu stehen kommen.

Noch ein wenig später wutschen und wedeln sie mit langen, kunstvoll gestalteten Stäben in der Hand herum. Dabei sollten sie doch eigentlich genau wissen, was dabei passieren kann: Es regnet Vögel, Ratten werden gelb und aus dicken menschlichen Hintern sprießen geringelte Schweineschwänze.

Lange Warteschlangen

Dafür, dass hier nichts davon geschieht, gibt es nur eine Erklärung: Sämtliche Besucher des Harry-Potter-Parks sind definitiv Muggel, nichtmagische Menschen, die mit ihren Zauberstäben machen können, was sie wollen, ohne auch nur eine Feder zum Schweben zu bringen.

Die vielen jungen und älteren Potter-Fans, die sich durch die im Sommer eröffnete "Wizarding World of Harry Potter" schieben, stehen viel Schlange. Sie reihen sich ein vor dem Süßigkeitenladen "Honigtopf", vor "Zonkos", wo es Scherzartikel zu kaufen gibt, dem Dorfgasthof "Die drei Besen" oder dem Postamt mit seinem Eulenverkehr. Die längste Warteschlange, die vor "Ollivanders", haben die Besucher mit den Stäben offensichtlich schon hinter sich: Der schummrige Laden ist vom Boden bis zur Decke vollgestopft mit schmalen, langen Kistchen, in denen Zauberstäbe ruhen wie edles Geschmeide.

Der Zauberstab sucht sich seinen Besitzer

Genau wie in "Harry Potter und der Stein der Weisen" beschrieben und im Film gesehen, erlebt der Besucher hier das Ritual, bei dem der Zauberstab sich seinen Besitzer sucht: Der Schauspieler hinter der Ladentheke offeriert mehrere Stäbe, lässt den Kunden wutschen und wedeln, so lange, bis nicht Geschepper den Laden erfüllt, sondern Musik ertönt und ein Lichtstrahl den verzückten Käufer trifft. 28,95 Dollar, danke. Dass Ollivanders Laden streng genommen in der Londoner Winkelgasse und nicht im Dorf Hogsmeade verortet wurde, ist angesichts dieser Erleuchtung verzeihlich.

Die Geschichte des Jungen, der mit elf Jahren erfährt, dass er nicht nur ein Zauberer ist, sondern auch noch die Welt vor dem Bösen schlechthin, vor Lord Voldemort, retten muss, hat seine Erfinderin Joanne K. Rowling zu einer der reichsten Frauen der Welt gemacht. Sie verkaufte mehr als 400 Millionen Bücher. Der aktuelle Film "Harry Potter und die Heiligtümer des Todes, Teil1" spielte am ersten Wochenende allein in den USA 125,1 Millionen Dollar ein. Auf diesen Film mussten die Fans lange warten. Die Fortsetzung kommt sogar erst nächsten Sommer ins Kino. Und wer weiß, ob es je einen achten, neunten und zehnten Potter-Band geben wird?

Die Wartezeit überbrücken die Potter-Anhänger auf den sogenannten Universal's Islands of Adventure, die 1999 unter der kreativen Oberaufsicht von Steven Spielberg eröffnet wurden. Es gibt sieben Themenbereiche, darunter "Jurassic Park", "Spider Man", die Figuren des amerikanischen Autors und Cartoonzeichners Dr. Seuss und eben auch die "Wizarding World of Harry Potter", an der fünf Jahre lang gebaut wurde.

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Es sieht nicht nur so aus, es fühlt sich auch so an

Stuart Craig, der an der Entwicklung des Parks beteiligte Bühnenbildner der Potter-Filme, meint: "Die Filme sollten den Büchern entsprechen. Und der Park ist jetzt eine Weiterentwicklung der Filme." Was bedeutet: Jenseits des steinernen Torbogens und gegenüber eines Beduinenzeltes, in dem man sich noch schnell mit Henna bepinseln lassen kann, sieht es nicht nur so aus wie in einem der Harry-Potter-Filme, es fühlt sich auch so an.

Die Illusion, als Besucher in eine magische Welt einzutauchen, funktioniert perfekt. Modernste Robotik, ausgefeilte Filmtechnik und täuschend echte Projektionen machen es möglich. Hier huscht der goldene Schnatz durch das Schaufenster von Derwisch und Banges. Dort brüllt das Monster-Buch der Monster, und Gilderoy Lockhart grinst, ehe er von seinem Buchcover verschwindet.

Mittelalterliche Shopping-Mall

Es ist allerdings nicht das verborgene High-Tech allein, das den Besuch des Parks tatsächlich zu einem zauberhaften Erlebnis macht, obwohl Hogsmeade - bei Licht betrachtet - nichts anderes ist als eine mittelalterlich anmutende Shopping-Mall. Die ganze Kulisse ist jedoch so professionell und detailversessen gestaltet, dass man sich das magische Auge von Mad-Eye Moody wünscht, um gleichzeitig in alle Richtungen schauen zu können.

Vor allem in Schloss Hogwarts, das dramaturgisch effektvoll als End- und Höhepunkt des ansteigenden Geländes mit seinen spitzen Türmen in die Höhe ragt, gibt es viel zu sehen und zu fühlen. Erst der Test mit der Hand verrät, dass die Wände nicht aus massiven Steinblöcken gemauert sind, sondern vermutlich in Trockenbauweise erstellt und lediglich kunstvoll verputzt und bemalt wurden.

Die Besucher drängeln durch die Klassenräume, Gemeinschaftszimmer oder durch Dumbledores vollgestopftes Büro, vorbei an den sprechenden Porträts, der schwatzhaften fetten Dame, vorbei an den lebendig wirkenden Abbildungen von Harry, Ron und Hermine, die zum Schwänzen einer Schulstunde überreden.

Rasantes Finale

Rasantes Finale der Schlossbesichtigung ist ein Flugsimulator namens "Harry Potter und die verbotene Reise", der zumindest zart besaiteten Besuchern im Anschluss den Genuss eines wohlverdienten Butterbiers unmöglich macht. Man ist längsseitig auf schmalen Sitzen festgeschnallt und bewegt sich kopfüber vorwärts auf Schienen durch das Innere des Schlosses. Die Illusion eines Besenritts in Überschallgeschwindigkeit, eines atemberaubenden Quidditch-Matchs, eines schmerzhaften Drachenkampfs und einer gruseligen Dementorenbegegnung wirkt äußerst echt.

Am Ende, nach knapp zehn Minuten als Harry Potter, kommt einem jedenfalls die Magie, die die im Schließfach eingesperrte Tasche mittels Fingerabdruck ausspuckt, wundersam begreifbar und beherrschbar vor.

Informationen:

Park: Die "Wizarding World of Harry Potter" liegt auf dem Gelände der Universal's Islands of Adventure in Orlando. Täglich geöffnet von 9 bis 18 Uhr, Tagestickets ab 74 Dollar (ca. 55 Euro) für Kinder, 82 Dollar (ca. 60 Euro) für Erwachsene, buchbar über die Website www.universalorlando.com/harrypotter. Übernachtung: Die Universal's Islands of Adventure sind Teil des Universal Orlando Resort, zu dem unter anderem noch ein weiterer Parkkomplex gehört sowie Hotels. Zum Beispiel Loews Portofino Bay Hotel im Stil der ligurischen Gemeinde Portofino, DZ ab ca. 250 Dollar, Internet: www.loewshotels.com/en/Portofino-Bay-Hotel Weitere Auskünfte: www.universalorlando.com, www.visitorlando.com

© SZ vom 09.12.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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