Fernsehturm Sky Tree:Tokios neues Wahrzeichen

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Er steht in einem stark erdbebengefährdeten Stadtteil, soll Taifune und Schnee aushalten und ganz Japan zu neuem Aufschwung verhelfen: In Tokio wird der mit 634 Metern höchste Fernsehturm der Welt eröffnet.

Christoph Neidhart, Tokio

Es ist dunstig an diesem Frühjahrsmittag, der Blick vom Sky Tree reicht nicht einmal bis zu den beiden Flughafen von Tokio. Die westlichen Vororte der japanischen Hauptstadt verschwimmen im diesigen Licht; um die Straßen unten als Spielzeugwelt zu sehen, ist man fast zu hoch oben. "Wir haben Glück", sagt Hiromi, "laut Wetterbericht sollte es regnen." Dann weist die Info-Dame Richtung Shinjuku: "Dort wäre der Fuji." Wenn Japaner in Tokio auf einen Turm steigen, fragen sie jedes Mal, wo der heilige Berg wäre. Im Winter sieht man ihn fast täglich, vielerorts sogar von der Straße, im Sommer wochenlang nie. Die ideale Zeit, den Sky Tree zu besuchen, wäre ein Wintermorgen.

Tokyo Sky Tree Fernsehturm

Nachts wird der riesenhafte Turm je nach Jahreszeit mit unterschiedlichen Motiven bunt beleuchtet.

(Foto: dpa)

Mit dem Sky Tree, der an diesem Dienstag eröffnet wird, hat Japan den Rekord des höchsten Turms nach Tokio zurückgeholt. Mit 634 Metern übertrifft er den Fernsehturm von Guangzhou in China um 34 Meter. (Der Burj Khalifa in Dubai ist höher, aber das ist ein Hochhaus, kein Turm). Mehr als über die Rekordhöhe wird bei der Besichtigungstour allerdings über die Herrentoilette im Restaurant Musashi auf 345 Meter Höhe geredet. Ein kleiner Architektenscherz: Wer dort das Urinal benutzt, überblickt die östlichen Vororte von Tokio.

Alle Fernsehtürme sind einander ähnlich, auch von innen: ein schneller Fahrstuhl, Aussichtsplattformen, Restaurants und Souvenir-Shops. Im Sky Tree gibt es zusätzlich noch begehbare Glasböden, durch die man 350 Meter in die Tiefe blickt. Nachts wird der riesenhafte Turm je nach Jahreszeit mit unterschiedlichen Motiven bunt beleuchtet, aber das werden der Tokyo Tower und der Turm in Guangzhou auch. Gleichwohl hebt sich der Sky Tree ab von seinen kleineren Vorläufern: Auf 450 Metern windet sich eine begehbare, sanft abfallende Glasröhre um den Turm, man wandelt gleichsam durch die Luft. Windgeräusche vom Band sollen diesen Eindruck verstärken, sie lassen den Gang durch den Himmel allerdings eher künstlich erscheinen.

Erinnerung an das Alte aufleben lassen

Tokio blickt auf vier Jahrhunderte Geschichte zurück, doch davon hat sich wenig erhalten. Was nicht in Feuerbrünsten, im Erdbeben von 1923 oder in der amerikanischen Bombardierung im März 1945 unterging, wurde nach dem Zweiten Weltkrieg von Baggern plattgemacht. Jetzt soll ausgerechnet der Sky Tree, das erste Wahrzeichen des 21. Jahrhunderts, die Erinnerung an das Alte aufleben lassen.

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