EU stimmt über Dienstzeiten für Piloten ab:Schlaf im Cockpit

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Zu müde zum Landen? Piloten fürchten zu lange Dienstzeiten. (Foto: Reuters)

Gewerkschaften klagen, dass immer wieder Piloten am Steuer einnicken. Dennoch möchte die EU Piloten am Steuer lassen, selbst wenn diese schon 22 Stunden lang wach sind.

Von Javier Cáceres

Überschattet von Warnungen vor einer Verschlechterung der Arbeitsbedingungen von Piloten kommt es am Montag im EU-Parlament zu einem entscheidenden Votum über Dienstzeiten für Cockpit-Crews. Der Verkehrsausschuss stimmt über einen Gesetzesvorschlag der Kommission ab, der dazu führen könnte, dass Piloten ein Flugzeug landen müssen, auch wenn sie bereits 22 Stunden am Stück wach gewesen sind. Der Verkehrsexperte der Grünen, Michael Cramer, nennt das Vorhaben "gefährlich". Vertreter europäischer Pilotenvereinigungen warnen, Cockpit-Crews würden schon jetzt oft am Rand der Erschöpfung arbeiten.

Die EU-Kommission spricht dagegen von Panikmache. Sie will mit dem Gesetz erstmals europaweite Standards setzen: Bisher dürfen Piloten in manchen Staaten sogar länger als 22 Stunden wach sein, während sie eine Maschine steuern. Vertreter der Kommission leugnen nicht, dass es bei ihrem Vorschlag zu Wachzeiten von 22 Stunden kommen könnte. Sie argumentieren aber, dies sei ein unrealistisches Rechenmodell. Dabei würde vorausgesetzt, dass Flugzeugführer "ab der ersten Minute der Bereitschaft in voller Pilotenmontur im Eigenheim sitzen", statt zu ruhen.

Cramer hält dem entgegen, dass nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs Bereitschaftszeiten wie Arbeitszeiten zu werten seien. Zudem müsse schon jetzt jeder fünfte Zwischenfall am Boden oder in der Luft auf übermüdete Piloten zurückgeführt werden. Bei einer Umfrage der britischen Pilotenvereinigung Balpa gaben mehr als die Hälfte von 500 Flugzeugführern an, im Cockpit eingeschlafen zu sein. 29 Prozent sagten, der Co-Pilot habe ebenfalls geschlafen, als sie wieder aufwachten.

Umstritten ist auch die maximal erlaubte Dauer von Nachtflugzeiten. Zwar soll sie um 45 Minuten auf elf Stunden abgesenkt werden. Pilotenvereinigungen werfen der Kommission aber vor, eine von der Europäischen Luftfahrtsicherheitsagentur in Auftrag gegebene Studie zu ignorieren, die vor Nachtflugzeiten von mehr als zehn Stunden warnt. Die Kommission sagt, es sei die einzige unter zahlreichen Studien, die sich für dieses Limit ausspreche. Die Pilotengewerkschaft Cockpit argwöhnt, diese Grenze sei gewählt worden, weil andernfalls die Besatzungen etwa für Flüge von Europa an die Ostküste der USA aufgestockt werden müssten.

Anstoß am Gesetzesvorschlag nimmt Cramer auch wegen der Form der Umsetzung, dem sogenannten Komitologieverfahren. Dabei beschränkt sich das Recht der Parlamentarier auf die bloße Ablehnung oder Zustimmung. Inhaltliche Änderungen können sie nicht einbringen. Sollte der Verkehrsausschuss für den Vorschlag stimmen, würde die Verordnung nach einer zweijährigen Übergangsphase in Kraft treten, da die Regierungen schon ihr Okay gegeben haben. Bei einer Ablehnung müsste sich das Plenum des Parlaments mit der Verordnung befassen.

© SZ vom 30.09.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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