Deutschland-Reisen: Rekord:Ein Land als Attraktion

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Es kommen so viele ausländische Gäste wie noch nie: Die Bundesrepublik hängt seit Jahren andere europäische Urlaubsziele ab.

Michael Kuntz

Deutschland ist als Reiseziel so gefragt wie nie zuvor. Zum höchsten Wachstum der Übernachtungszahlen seit der Wiedervereinigung trug auch bei, dass im vergangenen Jahr mehr ausländische Gäste nach Deutschland kamen. "Die starke mittelständische Tourismusindustrie in Deutschland hat einen Beitrag dazu geleistet, dass wir die Krise so erfolgreich überwinden konnten", sagt Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP).

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Die mittelständischen Tourismusunternehmen haben dabei kräftig vom kleinen Koalitionspartner in der Bundesregierung profitiert. Hotelgäste müssen seit dem Jahresbeginn 2010 für die Übernachtung nur noch sieben Prozent Mehrwertsteuer bezahlen. Dieses von der FDP initiierte Steuergeschenk schlägt sich jetzt erstmals in der Statistik nieder.

Mehr Dienstreisen

Die Beherbergungsbetriebe konnten insgesamt 380,3 Millionen Übernachtungen für sich verbuchen. Das waren drei Prozent mehr als im wirtschaftlichen Krisenjahr davor. Die Zahl der inländischen Urlauber und Geschäftsreisenden nahm dabei nach der Krise mit zwei Prozent moderat auf 320 Millionen zu. Unternehmen hoben vielfach verhängte Reisesperren auf und schickten ihre Mitarbeiter wieder häufiger auf Dienstreisen.

Viele Urlauber haben in zunehmendem Maße die Vorteile einer Inlandsreise ohne kosten- und zeitaufwendige Anreise mit dem Flugzeug erkannt. Auf das Wiederentdecken des Heimatlandes stellten sich auch die Reiseveranstalter ein. Etliche bauten ihr Angebot für den Urlaub zwischen Ostsee und Alpen deutlich aus.

Beim Marktführer Tui gilt Deutschland nach Spanien inzwischen als zweitbeliebtestes Urlaubsziel. Innerhalb Deutschlands ist Mecklenburg-Vorpommern für den Konzern die wichtigste Region. Hier boomt der Tourismus so, dass die Branche mit den schwierigen Arbeitszeiten händeringend Mitarbeiter sucht.

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Attraktionen wie der Kölner Dom und die Frauenkirche in Dresden, das Brandenburger Tor oder Schloss Neuschwanstein locken die Menschen an Orte, die von Zukunftsforschern längst abgeschrieben waren. Es gibt so viel Informationsmaterial für Inlandsreisen wie noch nie. Den Urlaub im Katalog buchen - das war bisher eher bei Fernreisen üblich.

Die eigentliche Dynamik kommt allerdings woanders her. Deutschland als Reiseziel erfreut sich bei ausländischen Reisenden großer Beliebtheit. Dabei dürften die wirtschaftliche Erholung nach der Krise und die reduzierte Mehrwertsteuer auch eine Rolle gespielt haben. Von einem im internationalen Vergleich guten Preis-Leistungs-Verhältnis spricht Petra Hedorfer. Als Vorstandsvorsitzende der Deutschen Zentrale für Tourismus (DZT) wirbt sie weltweit um Gäste. So hat das Hotelpreis-Portal Trivago für die beliebten deutschen Städteziele deutlich günstigere Durchschnittspreise ermittelt als für beliebte Ziele im Ausland. Demzufolge kostet ein Zimmer in Hamburg 105 Euro, in Berlin 88 Euro, während dafür in London 146 Euro oder in Paris 140 Euro verlangt werden.

Am attraktivsten ist Berlin

Jeder zweite ausländische Reisende übernachtete in einer deutschen Großstadt. Mit Abstand am attraktivsten ist Berlin, gefolgt von München und der Bankenmetropole Frankfurt. Berlin legte im siebten Jahr zu. Auf Gäste aus dem Ausland entfielen im vergangenen Jahr 60,3Millionen Übernachtungen, das waren zehn Prozent mehr als ein Jahr zuvor.

Seit zehn Jahren wächst Deutschlands Tourismus über dem Niveau von Europa - seit dem Jahr 2000 um 40 Prozent.

Im laufenden Jahr sollen Großveranstaltungen für eine Fortsetzung dieser positiven Entwicklung sorgen. Zur Weltmeisterschaft im Frauenfußball und den Feierlichkeiten zum 125. Jubiläum des Automobils werden zahlreiche Gäste aus aller Welt erwartet. Die gesamtwirtschaftliche Bedeutung wird häufig unterschätzt, beklagen sich die führenden Branchenvertreter regelmäßig. Der Tourismus gilt oft als "Spaßindustrie", die man nicht ganz ernst nimmt.

2,8 Millionen Arbeitsplätze

Dabei bedeutet Urlaub zu veranstalten natürlich nicht, selbst auch Urlaub zu machen. "Der große Erfolg für das Reiseland Deutschland ist gleichzeitig ein deutliches Indiz für die Leistungsfähigkeit und Flexibilität der deutschen und internationalen Reiseindustrie", meint Klaus Laepple, der Präsident des Branchenverbandes BTW. Der Tourismus ist mit 2,8 Millionen Arbeitsplätzen ein bedeutender Wirtschaftszweig.

Von der zunehmenden Beliebtheit des Reisezieles Deutschland profitierten besonders Städte mit über 100.000 Einwohnern. Die Menschen übernachten auch wieder komfortabler. Das Ausweichen auf Campingplätze - wie während der Wirtschaftskrise beobachtet - scheint vorübergehend gewesen zu sein. Hier stagnierten die Übernachtungszahlen.

© SZ vom 10.02.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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