Deutsche Bahn:Mit dem ICE nach London

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Mitte Oktober sollen die ersten Testzüge der Deutschen Bahn durch den Ärmelkanaltunnel rollen. Doch Passagiere müssen auf den ICE nach England noch warten.

Daniela Kuhr

Bahnfahrer können von Dezember 2013 an mit dem ICE bis nach London fahren. Das kündigte Bahn-Chef Rüdiger Grube am Mittwoch in Berlin an. Im Oktober fänden erste Testfahrten mit einem ICE 3 durch den Eurotunnel unter dem Ärmelkanal statt. Dabei werde auch eine Evakuierung im Tunnel geprobt, sagte Grube. Am 19. Oktober will er gemeinsam mit Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) selbst an einer Testfahrt teilnehmen. Die endgültige Zulassung für die Strecke erwartet die Deutsche Bahn im Lauf des Jahres 2013.

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Grube schätzt, dass jährlich mindestens 1,1 Millionen Fahrgäste das Angebot nutzen. Geplant ist, dass die Züge täglich von Frankfurt oder Köln über Brüssel nach London fahren. Die Fahrtzeit ist noch offen. Derzeit dauert es sieben Stunden, mit dem Zug nach London zu fahren. Denn die Fahrgäste müssen in Brüssel in die Züge von Eurostar umsteigen, der Bahngesellschaft, die bislang als einzige die Tunnelstrecke befahren darf.

Grund für diese Exklusivität sind Sicherheitsbestimmungen. Sie sehen vor, dass ein Zug im Fahrgastbereich 375 Meter lang und für die Fahrgäste durchgängig sein muss. Der ICE 3 aber, der 200 Meter misst, erreicht diese Länge nur, wenn man zwei Züge aneinanderhängt. Dann können die Fahrgäste jedoch nicht durch den gesamte Zug gehen.

Die dafür zuständige internationale Behörde überarbeitet die Regeln gerade. Es wird erwartet, dass künftig eine Zuglänge von 200 Metern ausreicht. Damit hätte nicht nur die Deutsche Bahn, sondern auch der französische Hochgeschwindigkeitszug TGV eine Chance, durch den Eurotunnel zu fahren. Die bisherigen Auflagen seien absurd, sagte Grube. "Wir durften mit der Bahn durch jeden Alpentunnel fahren, aber nicht durch den Eurotunnel."

Zugleich kündigte Grube an, künftig auch in Frankreichs Regionalverkehr aktiv werden zu wollen. Am Vorabend hatten sich Ramsauer und Grube mit dem französischen Verkehrsminister Dominique Bussereau sowie dem Chef der französischen Staatsbahn SNCF, Guillaume Pépy, getroffen. Bei diesem Treffen habe Bussereau zugesagt, den französischen Regionalverkehr künftig für die Konkurrenz zu öffnen.

Damit griff er eine Forderung auf, die von deutscher Seite schon lange erhoben wurde. Denn während Deutschland seinen Schienenverkehr bereits seit Jahren auch für Wettbewerber aus dem Ausland geöffnet hat, hat Frankreich sich zumindest beim Personenverkehr bislang gesträubt. Das soll sich nun ändern. "Wenn es sich für uns rechnet, werden wir uns also künftig an Ausschreibungen im französischen Regionalverkehr beteiligen", sagte ein Bahnsprecher. Die Deutsche Bahn betreibt bereits unter anderem in Schweden und in Großbritannien Regionalverkehre.

Derweil scheinen die Aussichten auf einen Stopp des umstrittenen Projekts "Stuttgart 21" zu sinken. Grube und Ramsauer machten deutlich, dass sie am geplanten Umbau des Stuttgarter Hauptbahnhofs festhalten. "Wir werden ,Stuttgart 21' realisieren", sagte der Bahn- Chef. Das von den "Stuttgart-21"-Kritikern vorgeschlagene Alternativkonzept "K21", bei dem der alte Kopfbahnhof erhalten bliebe, sei "ein Phantom", sagte er. Auch Ramsauer sagte, er könne sich nicht vorstellen, dass ein solches Projekt abgeblasen werde. "Es ist nach allen Regeln rechtsstaatlicher Kunst zustande gekommen."

© SZ vom 2.9.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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