Debatte um US-Tourismusförderung:Eintrittsgeld für Amerika

Lesezeit: 2 min

Die USA wollen mehr Touristen ins Land locken. Bezahlen sollen die Werbetrommelei die Europäer - mit einem Eintrittsgeld für die Vereinigten Staaten.

C. Wernicke

Der Plan, den Amerikas Kongress noch in diesem Monat zum Gesetz machen will, verheißt Wunderbares: Mindestens 40.000 neue US-Jobs sollen entstehen, weil demnächst 1,6 Millionen mehr Besucher ins Land der unbegrenzten Möglichkeiten reisen und dort alljährlich vier Milliarden Dollar zusätzlich verprassen.

Dieses himmelblaue Szenario haben ein paar Ökonomen ausgemalt, und mittlerweile kennen die Senatoren in ihrer Begeisterung keine Parteigrenzen mehr: Sämtliche Demokraten und die meisten Republikaner werden wohl für den "Tourism Promotion Act" votieren. Also dafür, künftig jedes Jahr 200 Millionen Dollar auszugeben, dass Reisende aus aller Welt endlich "das wunderschöne Amerika" entdecken. Das Schönste an der nicht ganz billigen Idee ist dies: Den US-Steuerzahler wird die ganze Werbetrommelei keinen Cent kosten.

Zahlen sollen andere. Allen voran die Europäer will der Kongress zur Kasse bitten - mit einem Eintrittsgeld in Höhe von zehn Dollar. Bisher genießen Deutsche und Franzosen, Briten wie Tschechen das Privileg, bei Aufenthalten von weniger als 90 Tagen stets ohne Visum (und somit ohne Gebühr) in die Vereinigten Staaten fliegen zu können. Bürger aus 35 meist recht reichen Nationen gewährt Washington den Vorzug seines Visa-Verzicht-Programms (VWP); und von den jährlich etwa 17 Millionen internationalen Gästen, die solchermaßen unkompliziert nach New York, Chicago oder San Francisco gelangen, stammen schätzungsweise 13 Millionen aus Europa.

Also protestiert Europa.

John Bruton, als Chef der EU-Delegation in Washington so etwas wie ein paneuropäischer Botschafter, erinnert der geplante Obolus an das Märchen von "Alice im Wunderland". Nur wer in einer ähnlich irrealen Welt lebe, könne auf die Idee verfallen, "ein Strafgeld für genau jene Aktivität zu erheben, die man fördern will". In einem Schreiben an alle hundert Senatoren hat Bruton nun gedroht, Europa könne sehr wohl zum Gegenschlag ausholen - und allen US-Besuchern ebenfalls eine Einreisegebühr abknöpfen.

Der tapfere Ire weiß sehr wohl, dass den 27 EU-Staaten dazu der Mut abgeht. Obendrein fehlt der Alten Welt die Technik. Amerika hingegen hat vorgebaut. Seit Januar müssen alle visa-befreiten Reisenden sich bei Esta registrieren: Die Datenbank des US-Heimatschutzministeriums soll mutmaßliche Terroristen aufspüren, und wer nicht seine persönlichen Daten abgibt, dem droht nach der Landung Ärger.

Der Kongress plant, Esta zur Zahlstelle ausbauen. Nach Geburtsdatum und Passnummer soll der Besucher noch die zwölf Ziffern seiner Kreditkarte eingeben - dann wird abkassiert.

Amerikas Anti-Terror-Maßnahmen waren es auch, die den Kongress überhaupt auf die Idee seiner Tourismus-Förderung gebracht haben. Die nach dem 11. September 2001 drakonischen Grenzkontrollen haben das "Land der Freien" unter Weltreisenden in Verruf gebracht. Amerikas Touristenzahlen stagnieren. Das US-Handelsministerium fürchtet, in diesem Jahr werde die Nation deshalb 247.000 Arbeitsplätze verlieren. Auch deshalb steht die Obama-Regierung den Europäern nicht bei.

Zwei Minister haben signalisiert, die Administration wolle im Streit um das fremdfinanzierte Tourismusprogramm sich nicht mit dem Kongress anlegen. Derweil ging dort ein Änderungsantrag ein: Mehrere Senatoren wollen die Einreisegebühr nun auf 20 Dollar verdoppeln - und zehn Dollar abzwacken, um die Kosten visafreier Ausreisen zu decken.

© SZ vom 07.09.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: